Ein Selfie mit der berühmtesten Frau der Welt

von Redaktion

Über neun Millionen Besucher hat die „Mona Lisa“ jedes Jahr, die meisten nehmen sich aber nur wenig Zeit für sie

Paris – Gedrängt stehen die Menschen, recken ihre Smartphones, posieren, machen zahllose Selfies. Tagein, tagaus gibt es dieses Schauspiel im Pariser Louvre – vor der Mona Lisa. Das weltberühmte Bild, das Leonardo da Vinci vor mehr als 500 Jahren geschaffen hat, lockt alljährlich Millionen Besucher an. Es gehört zu den meistbesuchten Kunstwerken der Welt – und wird doch kaum betrachtet.

Die durchschnittliche Verweildauer vor der Frau mit dem geheimnisvollen Lächeln wird laut Louvre auf weniger als eine Minute geschätzt. Ein Besuch an einem normalen Werktag bestätigt das Phänomen. Um neun Uhr wird geöffnet, bereits kurz danach stürmen die ersten Hundertschaften den Saal der La Joconde, wie das Frauenbild aus der Hochphase der italienischen Renaissance auf Französisch heißt. Das Bild wirkt verschwindend klein hinter dem riesigen Panzerglas. Dabei hat Leonardo da Vinci das Porträt um 1503 mit 77 auf 53 Zentimetern fast in Lebensgröße gemalt. Seit 2005 wird die Mona Lisa im Louvre von dem überdimensionierten Glaskasten nicht nur vor Feuchtigkeits- und Temperaturschwankungen geschützt, sondern auch vor den Schwingungen, die die tausenden Menschen täglich erzeugen.

Viele begnügen sich mit einem kurzen Blick und schnellen Fotos. Nur wenige nehmen sich die Zeit, das Bild aus der Nähe zu betrachten, jenes weltbekannte Gesicht der jungen Frau, von der man sagt, dass ihr Blick einen verfolge, egal, wo man steht. Und lächelt sie nun? Der Frage gehen seit jeher Experten auf den Grund. Es wird vermutet, dass Leonardo den geheimnisvollen Ausdruck durch die von ihm perfektionierte Sfumato-Methode geschaffen hat. Dank mehrerer aufgetragener Farbschichten verschwimmen die Farben und erzeugen eine mysteriöse Ausstrahlung. Doch von dem Bann ist im Saal nicht viel zu spüren. Selfie-Wahn statt Emotionen. Nach Schätzungen des Louvre kommen rund 90 Prozent der Besucher in das Pariser Weltmuseum, um die Mona Lisa zu sehen.

Leonardo verbrachte die letzten drei Jahre seines Lebens in Frankreich, auf Einladung von König Franz I. Dort starb er auch am 2. Mai 1519 im Schloss Clos-Lucé in Amboise an der Loire. Da Vinci, damals 64, führte das Bild mit sich, ebenso wie weitere Gemälde und Notizbücher. König Franz I. soll da Vinci die Mona Lisa abgekauft haben – laut der Überlieferung für 4000 Goldmünzen. Damit ist das Bild laut Louvre ganz legal im französischen Besitz, anders als viele Raubgüter aus der Zeit Napoleons, die in französischen Museen ausgestellt sind.

Weltweit bekannt wurde das Bild 1911, als es aus dem Louvre gestohlen wurde. Im Dezember 1913 tauchte es in Italien wieder auf. Der Italiener Vincenzo Peruggia, ein ehemaliger Louvre-Mitarbeiter, hatte es gestohlen. Er habe es seinem Heimatland Italien zurückgeben wolle, behauptete er. Peruggia erhielt sieben Monate Haft.

Die Identität der Mona Lisa gibt bis heute Rätsel auf. Die einen behaupten, es handele sich um die Gemahlin des florentinischen Edelmannes Francesco del Giocondo, weshalb das Gemälde auch „Joconda“ oder „Gioconda“ genannt wird. Andere vermuten, Leonardo habe die Favoritin von Giuliano di Lorenzo de’ Medici abgebildet, oder eine Mätresse des französischen Statthalters Charles d’Amboise. Eine Studie kam vor einigen Jahren zu dem Schluss, dem Maler habe keine Frau, sondern ein Mann Modell gestanden. dpa/afp

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