München – Welcher Wein passt zum Essen? Eine Frage, die vor allem zu Weihnachten besonders wichtig wird. Paula Bosch, Deutschlands erste Sommelière, erklärt, auf was man beim Weinkauf achten muss. Ihre wichtigste Regel: Wein muss schmecken.
Gerade in der Weihnachtszeit greifen auch Menschen, die sich sonst nicht dafür interessieren, zu Wein. Woran erkenne ich einen guten Weinhändler?
Ganz einfach daran, dass er an Ihrem Weinwissen oder auch an Ihrem Weinunwissen interessiert ist. Er sagt nicht, „der wird auch gern genommen“, sondern will erst mal wissen, was Sie gerne trinken, was Sie kennen. Erst dann entscheidet ein guter Händler, wohin die Reise gehen soll. Das heißt: Die Qualität eines Weinhändlers erkenne ich nicht allein an seinem Sortiment oder seinen Preisen, sondern am Interesse an seiner Kundschaft.
Kann man Wein im Supermarkt kaufen? Oder gibt es da nur Fusel?
Selbstverständlich kann man Wein auch im Supermarkt kaufen. Und mir ist ganz wichtig zu betonen, einen guten Wein erkennt man nicht nur am Preis. Bei erstklassigen Winzern beispielsweise gibt es auch heute noch ab Hof einen ordentlichen Schoppenwein für fünf Euro. Für zehn Euro findet man fantastische Weine für alle Tage.
Welchen Wein empfehlen Sie für die Weihnachtszeit?
Zurzeit wegen seiner vergleichsweise günstigen Preise einen deutschen Spätburgunder, auch Pinot Noir genannt. Diesen gibt es in einem breiten Preisangebot. Die neuen Jahrgänge 2018 bis 2021 sind eine hervorragende Wahl zum Jetzttrinken und auch zum Einlagern. Wir haben viele super Winzer in Deutschland, die erstklassige Spätburgunder produzieren.
Was ist mit Frankreich?
Keine Frage, es gibt gute Weine in Frankreich. Doch die Preise für eine gute Flasche Burgunder sind derart in die Höhe geschossen, dass es in keinem Verhältnis mehr steht. Da zahlen Sie doppelt bis zehnmal so viel. Wenn man für einen Wein, für den man vor nicht mal einem Jahrzehnt 50, 100 oder 200 Euro gezahlt hat, heute 500 oder sogar 1000 Euro und mehr hinblättern muss, dann frage ich mich: Warum? Der Wein ist ja nicht besser geworden. Das hat nichts mehr mit Qualität zu tun, sondern damit, dass Wein längst an der Börse wie Goldbarren gehandelt wird.
Zu Fisch Weißwein, zu Fleisch Rotwein. Stimmt die Regel noch?
Nicht unbedingt. Denn wir kochen heute anders als vor 50 Jahren. Die schweren Soßen, die die Küche unserer Großmütter noch bestimmt haben, sind passé. Auch haben sich in unsere Küchen andere Gewürze aus Asien oder dem arabischen Raum eingeschlichen. Es kommt daher ganz klar auf die Zubereitungsart und die Art der Beilagen an, zu welchem Wein man greift. Wenn beispielsweise die Gänsekeulen in einer hellen Sauce angerichtet werden, serviert man einen Weißwein dazu. Ich würde dann einen kräftigen, trockenen Riesling empfehlen. Der passt zu diesem Gericht besser als ein Rotwein mit vielen Gerbstoffen.
Haben Frauen einen anderen Weingeschmack als Männer?
Weingenuss ist keine Frage des Geschlechts. Das ist ein Mythos. Wein muss schmecken, Wein muss Spaß machen.
Alkoholfreie Weine sind auf dem Vormarsch. Was sagen Sie als Sommelière dazu?
Ich bin, ehrlich gesagt, kein Freund von alkoholfreien Weinen. Ich habe noch keinen probiert, der mir geschmeckt hat. Alkohol ist der Geschmacksträger. Das ist wie beim Kochen, wo Fett für den guten Geschmack sorgt.
Wer etwas auf sich hält, hat die verschiedensten Weingläser im Regal stehen. Ist das überhaupt notwendig?
Ich bin im Alltag ein großer Freund von Universalgläsern. Das Glas sollte so dünn wie möglich sein. Ganz wichtig ist, dass man das Glas nicht zu voll macht. Ein Viertel gefüllt, ist ideal, dann kann man den Wein im Glas gut schwenken. Denn das Aroma eines Weines bereitet Vorfreude auf den ersten Schluck. Auch ein extra Champagner-Glas ist nicht zwingend notwendig, wenn man das passende Universalglas hat. Was viele Leute auch nicht wissen: Man muss das Glas am Stil halten und nicht an der Glaswand. Das verursacht nicht nur unschöne Fingerabdrücke, sondern wärmt den Wein. Übrigens: Je jünger der Wein, desto kühler wird er getrunken.
Den Namen Paula Bosch verbindet man mit gutem Wein. Haben Sie manchmal Lust auf einen Schluck Bier?
Nicht so häufig, weil ich vom Hopfen müde werde. Aber auf der Wiesn würde es mir nie in den Sinn kommen, einen Wein zu bestellen. Da trinke ich selbstverständlich Bier. Gerne auch mal eine zweite Mass. Und ja, Bier aus Krügen schmeckt auch mir. Wie überall gilt: Das Getränk und das Glas muss passen. Auf der Wiesn wie unterm Christbaum.
Interview: Stephanie Ebner
Soeben ist von Paula Bosch das Buch „Eingeschenkt“ im ZS Verlag erschienen. Darin blickt sie auf ihr Leben als Spitzen-Sommelière im Münchner „Tantris“ zurück. 187 Seiten. 22,99 Euro.