INTERVIEW

„Das Interesse wird größer, gerade bei den jungen Leuten“

von Redaktion

Streuobstberater Martin Landes über die neue Lust an einer alten Tradition – und gern gemachte Fehler

München – Martin Landes (27) ist seit 2023 einer von 13 Streuobstberatern in Bayern – und der einzige in Oberbayern.

Herr Landes, wo liegt Bayerns Streuobst-Hochburg?

Franken steht an erster Stelle, das ist eine traditionelle Obstbauregion, ebenso wie das Bodenseegebiet. Aber gerade in den Kreisen Rosenheim und Traunstein hat sich verhältnismäßig viel Streuobst erhalten.

Warum gerade dort?

Streuobst hatte in dieser Region, die früher als Obstgarten von München galt, schon immer eine andere Relevanz. Erstens hat sich hier die Brennerei-Struktur erhalten, zweitens gibt es seit 1958 die genossenschaftliche Obstverwertung Rohrdorf. Die Landwirte hatten fürs Obst also immer eine Absatzmöglichkeit. Es hat sich gelohnt, Streuobstwiesen weiter zu bewirtschaften, die Bäume waren ja eh schon da. Für die Landwirte der Region ist Streuobst heute noch ein willkommener Nebenverdienst.

Bedeuten Streuobstwiesen viel Aufwand?

Verglichen mit dem Aufwand in einer konventionellen Obstplantage: nein. Wer Jungvieh weiden lässt, was ja der traditionellen Zweitnutzung von Streuobstwiesen entspricht, spart sich schon das Mähen. Und bei der Ernte helfen heute Maschinen. Allerdings kann bei alten Wiesen der Erntezeitraum sehr lang sein. Legt man heute neue Wiesen an, achtet man darauf, dass der Großteil der Obstbäume innerhalb einer oder zwei Wochen abgeerntet werden kann.

Gibt es wieder mehr Interesse an Streuobst?

Im Vergleich zum vergangenen Jahr hat sich die Nachfrage jedenfalls spürbar gesteigert. Und ja, man merkt, das Interesse wird größer, vor allem bei den jungen Leuten, die sich jetzt daran machen, auf bereits vorhandenen Streuobstwiesen nachzupflanzen oder neue Streuobstwiesen anzulegen.

Wer meldet sich bei Ihnen?

Das ist breit gestreut: Landwirte, Privatleute, Bauhöfe, Firmen. Aber auch die, die Probleme mit ihren Bäumen haben, etwa weil neu gesetzte Streuobstbäume schlecht wachsen. Was oft falsch gemacht wird, ist, dass die Baumscheibe, also das Areal von etwa einem Meter Durchmesser um den neu gepflanzten Obstbaum, nicht vom Gras befreit wird. Gras entzieht dem Boden sehr viele Nährstoffe, die dem jungen Baum fehlen und sein Wachstum einschränken. Er verhockt, würden wir sagen. Und das ist ein Problem. Weil: Alles, was der Obstbaum nicht in den ersten fünf Jahren schafft, holt er nur schwer wieder auf.

Was ist noch wichtig?

Bei neuen Streuobstwiesen eine gute Flächenplanung und die richtige Erziehung der Kronen. Ein junger Baum braucht in den ersten fünf Jahren jährlich einen Erziehungsschnitt, damit sich Äste und Krone in einem stabilen Verhältnis formen. Spätestens nach 15 Jahren ist die Baumerziehung abgeschlossen – dann reicht alle fünf Jahre ein Schnitt.

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