INTERVIEW

„Wenn der Preis fällt, muss ein Teil der Höfe aufgeben“

von Redaktion

Andrea Fuß vom Bauernverband kritisiert die Empfehlung der DGE und warnt vor Folgen für Bayerns Landschaftsbild

München – Der Fleischverzehr in Deutschland geht seit vielen Jahren zurück – und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt noch weniger Konsum. Was halten die Landwirte von dem Trend? Wir haben mit Andrea Fuß darüber gesprochen, der stellvertretenden Generalsekretärin des Bayerischen Bauernverbands.

Frau Fuß, was halten Sie von der Empfehlung der DGE?

Ich halte sie für praxisfern. Die Deutschen essen pro Kopf 52 Kilogramm Fleisch im Jahr, nach den Empfehlungen der DGE wären es nur noch 16 Kilo. Man ist weit von der Realität entfernt.

Sollten sich die Menschen an die Empfehlung halten?

Es kann natürlich Leitlinien geben, aber jeder Mensch muss selbst entscheiden, was ihm guttut. Nicht umsonst gibt es den Trend zur personalisierten Ernährung. Die neuen Empfehlungen sehen wir kritisch.

Wieso?

Bisher haben die Empfehlungen der DGE immer der Gesundheitserhaltung der Bevölkerung gedient. Jetzt wurden der Klima- und Umweltaspekt mit aufgenommen – dabei gibt es andere Ansatzpunkte, wie man CO2 einsparen kann. Ernährung ist ein Grundbedürfnis, deshalb sollte man den Blick lieber auf den Freizeitbereich richten. Außerdem wird die Landwirtschaft nur minimal mitgedacht.

Inwiefern?

Der Aspekt der Wirtschaftlichkeit wurde überhaupt nicht in die Empfehlung aufgenommen. Welche Auswirkungen hat der rückläufige Fleischkonsum auf die Bauernhöfe? Die Folgeabschätzungen fehlen und das finde ich nicht gut.

Was sind denn die Folgen für die Landwirtschaft?

Wenn kurzfristig weniger Fleisch gegessen wird, sinkt die Nachfrage danach und der Preis fällt. Ein Teil der Betriebe kann dann nicht mehr wirtschaftlich arbeiten und muss seinen Hof aufgeben. Der Anteil der Tierhalter in Bayern sinkt ohnehin schon.

Das würde den Strukturwandel in der Landwirtschaft zusätzlich anheizen?

Ja. Das hätte zur Folge, dass sich auch unsere Dörfer und das Landschaftsbild verändern. Das wiederum hat Auswirkungen auf den Tourismus. Bayern ist ein beliebtes Urlaubsland, gerade wegen seiner durch bäuerliche Familien geprägten Landschaft. Ein weiterer Aspekt ist, dass bei einer stärker pflanzenbetonten Ernährung, wie sie die DGE empfiehlt, größere Mengen an Obst und Gemüse importiert werden müssten. Wir machen uns damit abhängig von anderen Ländern.

Sie sehen also den Trend zur fleischlosen Ernährung kritisch?

Ich frage mich, ob man wirklich von einem Trend hin zu einer fleischlosen Ernährung sprechen kann. Laut den bayerischen Verzehrserhebungen ernähren sich fünf Prozent der Bayern vegetarisch und ein Prozent vegan. Die Mehrheit der Deutschen isst Fleisch, aber insgesamt weniger.

Hat Fleisch ein Imageproblem?

Ernährung ist in den letzten Jahren sehr politisch geworden. Tatsächlich nehme ich ein Schlechtreden von Fleisch durch bestimmte Meinungsbildner in Politik und Gesellschaft wahr. Dabei ist Fleisch ein hochwertiges heimisches Naturprodukt, das wenig verarbeitet ist und keine langen Zutatenlisten aufweist – verglichen mit sogenannten Fleisch-Ersatzprodukten. Ich würde mir wünschen, dass wir gemeinsam den Trend zu einer regionalen und saisonalen Ernährung fördern und dadurch die heimische Landwirtschaft unterstützen.

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