Präzision ist gefragt: Michael Jaumann beim Schnitzen. © Weiss
Eine eher traditionelle Krippe aus der Werkstatt. © Walter Weiss
Krippenschnitzer Michael Jaumann zeigt in seinem Laden zwei Figuren, die er gerade fertiggestellt hat. © Walter Weiss
Gröbenzell – In der Werkstatt der Holzbildhauerei Kreutz in Gröbenzell (Kreis Fürstenfeldbruck) stehen fünf Dromedare, die darauf warten, bemalt zu werden. „Das macht immer noch meine 82-jährige Mutter“, sagt Chef Michael Jaumann stolz. „Dromedare, Elefanten und Esel, die sind ihre Spezialität.“ Er selbst arbeitet gerade an einem Hirten, der einen Knaben an der Hand hält – eine Figur nach einem Entwurf aus Südtirol, den der 60-jährige Holzbildhauer mit seinen Schnitzmessern verfeinert.
Viel zu selten, sagt Jaumann bedauernd, habe er noch Zeit, sich hier in die Werkstatt zurückzuziehen, um an Modellen und Entwürfen zu arbeiten. „Und jetzt zur Weihnachtszeit komme ich fast überhaupt nicht dazu.“ Dann ist er in den Geschäftsräumen für seine Kunden da. Gerade in der großen Krippenabteilung geht es kurz vor Weihnachten zu wie in einem Taubenschlag. Die Leute fragen nach einem Hirten mit Flöte, Dromedaren und Lämmern, nach einer Maria, die klassisch, aber doch modern ist, oder nach einer Josef-Figur, „die mal etwas Besonderes ist“. Der Holzbildhauer ist für alle da. „Die Bindung zu meinen Kunden ist für mich das Wichtigste“, sagt er.
Mehr als 350 Krippenhäuser hat er auf Lager, dazu kommen rund 15 000 Krippenfiguren in allen erdenklichen Ausführungen, Stilen und Größen. Es sind moderne Krippen dabei, mit glatt polierten Figuren, die in Erdtönen bemalt sind oder ganz auf Farbe verzichten. Besonders gefragt seien nach wie vor die klassischen Krippen, in denen die Figuren fein ausgearbeitete und bunte, traditionelle Gewänder tragen. Etwas weniger verkauft Jaumann gerade die nackigen Figuren, deren Korpus aus einem Gummi-Gerüst besteht und bei denen nur Kopf und Gliedmaßen fein aus Holz ausgearbeitet sind. Die Kleider schneidern die Kunden selbst. In den 1980er-Jahren waren diese Figuren ein Verkaufsschlager. „Aber bei den Krippenfiguren ist das wie in der Mode“, sagt Jaumann. „Irgendwann kommt alles wieder.“
Was in den vergangenen Jahren dazugekommen ist, sind Tiere. Längst stehen nicht nur Ochs, Esel und Schafe in der Krippe. Nein, da sind auch Störche und Pfauen, Eulen und Eichhörnchen, Füchse, Gänse, Mäuse und Ratten. „Ich habe auch Kunden, die sich für ihre Krippe ihr Haustier schnitzen lassen, etwa, wenn der geliebte Hund gestorben ist“, erzählt Jaumann. Solche Aufträge übernimmt er jetzt aber erst nach der Weihnachtszeit.
So groß die Auswahl ist, beim Material macht der Holzbildhauer keine Kompromisse. Krippenfiguren aus Ton, wie sie etwa in Italien üblich sind, finden sich hier nicht. Alles hier ist aus Holz, genauer gesagt aus Linde, Eiche, Ahorn oder Zirbenholz. Seit etwa 100 Jahren werden Krippenfiguren aus abgelagerten Hölzern maschinell kopiergefräst, erst die Feinarbeit an den Rohlingen erfolgt von Hand, teils mit Fräse, teils mit Schnitzmesser. „Holzgeschnitzt“ heißt das in diesen Fällen. Von „handgeschnitzt“ spricht man, wenn die vorgefrästen Rohlinge vom Holzbildhauer komplett mit dem Schnitzmesser überarbeitet werden. Das kostet auch mehr. „Schließlich steckt in ihnen sehr viel mehr Handarbeit.“
Viele kaufen jedes Jahr eine Figur
Gut zehn Stunden schnitzt er an einer 20 Zentimeter großen Barock-Figur, bevor er sie für 250 Euro verkauft. Die günstigere holzgeschnitzte Variante gibt’s für 80 Euro. Jaumann hat aber auch Figuren für 20 Euro. „Es soll für jeden Geldbeutel etwas dabei sein“, betont er. Wobei die Krippe ja nicht sofort komplett gekauft werden müsse. Viele Kunden kämen jedes Jahr, um ihre Krippe um ein, zwei Figuren zu erweitern. „Genauso muss es sein“, sagt er und lacht. „Bei einer Krippe ist es wie bei einer Modelleisenbahn: Sie muss wachsen.“
Michael Jaumann hat den Betrieb, den 1945 sein Großvater gegründet hat und der einst mehr als 30 Angestellte zählte, inklusive eines großen Maschinenparks, 2000 radikal verkleinert. „Ich wollte mehr Zeit für meine Kunden haben“, begründet er. Heute ist das Unternehmen ein reiner Familienbetrieb, spezialisiert auf Krippenfiguren. „Es war die richtige Entscheidung“, sagt Jaumann, auch wenn es Zeiten gab, in denen er zweifelte, ob das Krippen-Geschäft Zukunft hat. Noch vor 20 Jahren waren es fast nur Ältere, die sich für die Figuren interessierten. Auch das hat sich geändert. Mittlerweile, schätzt der Holzbildhauer, seien drei Viertel seiner Kunden unter 35 Jahre alt. „Die Tradition der Krippe ist lebendiger denn je.“