Von der Weltbühne ins Achental

von Redaktion

Alt-Bundespräsident Horst Köhler wird 80 – So tief ist er in Unterwössen verwurzelt

Unterwössen – Sechs Jahre lang war Horst Köhler Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, bis er im Mai 2010 seinen Rücktritt erklärte. Kurze Zeit später, im Jahr 2012, zogen die Eheleute Horst und Eva Luisa Köhler auf den Bichlhof in der Gemeinde Unterwössen. Köhler hatte das Anwesen Bichlhof, das verbliebene Wohnhaus eines ehemaligen Gehöftes, auf einem Hügel über dem Ortsteil Unterwössen gelegen, von den „Barmherzigen Schwestern“ aus Adelholzen erworben.

In der Gemeinde Unterwössen ist das prominente Ehepaar inzwischen tief verwurzelt. Auf diesem Bichl schießt die Gebirgsschützenkompanie Wössen/ Achental beispielsweise am Nachmittag des Heiligabends traditionell das Weihnachtsfest mit Böllern und Kanonen an.

Mit Böllerschützen
ins neue Jahr

Als die Gebirgsschützen damals beim neuen Eigentümer anfragten, ob er Einwände gegen diesen Brauch hätte, der immerhin auf seinem Grund stattfinde, begrüßte Horst Köhler die Tradition ausdrücklich. Oft weilt er zum Jahreswechsel in Unterwössen und stößt dann mit Gebirgsschützenhauptmann Georg Haslberger und Bürgermeister Ludwig Entfellner auf das Weihnachtsfest und das kommende Jahr an.

Doch so ganz funktionierte die Idee des bayerischen Refugiums neben dem Berliner Wohnsitz nicht. Weitere ehrenvolle Aufgaben warteten. Er arbeitete für die UN und vertrat als Altbundespräsident seinen Nachfolger auf Afrikareisen. Dennoch, der Altbundespräsident ist häufig im Dorf Unterwössen zu sehen, sei es beim Bad im See, in einer Fragestunde an der Unterwössner Schule oder beim Besuch eines Festzeltes im Achental. „Wenn es hier solche Schüler gibt, wird es mir um die Zukunft des Achentals nicht bange“, sagte Horst Köhler damals beim Besuch der Grund- und Mittelschule Unterwössen nach einer einstündigen Fragestunde.

Am gestrigen 22. Februar feierte Horst Köhler seinen 80. Geburtstag. Ob ihm die Rathausspitze die Aufwartung macht? „Meines Wissens ist Horst Köhler an seinem Geburtstag nicht in Unterwössen“, sagt dazu Bürgermeister Ludwig Entfellner. Die Gemeinde hat ihm eine Glückwunschkarte zukommen lassen, und Entfellner will ihm bei seinem nächsten Aufenthalt dann auch persönlich gratulieren. 

Der ehemalige Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland gehört zu den prominentesten Persönlichkeiten der deutschen Politik. In seiner Amtszeit als Bundespräsident von 2004 bis 2010 setzte er sich vor allem für eine starke Zivilgesellschaft und eine nachhaltige globale Entwicklung ein. 

Köhlers 80. Geburtstag ist ein Anlass, um auf sein beeindruckendes Lebenswerk zurückzublicken. Seine Arbeit als Bundespräsident und seine entwicklungspolitischen Verdienste haben ihm internationalen Respekt und Anerkennung eingebracht.

Von Polen über
Tübingen nach Berlin

Horst Köhler wurde am 22. Februar 1943 in Skierbieszów, Polen, geboren. Seine Familie flüchtete 1953 nach Deutschland und wurde schließlich im schwäbischen Ludwigsburg sesshaft. Nach dem Abitur 1963 und zwei Jahren Wehrdienst studierte er Wirtschaftswissenschaften in Tübingen. Dort promovierte er 1977. Über das Bundeswirtschaftsministerium und die Staatskanzlei Schleswig-Holstein führt sein Weg in den Leitungsstab des Finanzministeriums. Er wird Leiter des Ministerbüros.

1990 ernennt ihn der Bundesfinanzminister zum Staatssekretär. Köhler verhandelt mit der DDR-Führung über die deutsch-deutsche Währungsunion. In Moskau handelte er das Abkommen über den Abzug der sowjetischen Truppen aus der DDR aus. Er ist Chefunterhändler beim Maastricht-Vertrag über die Europäische Währungsunion. Köhler organisierte den Weltwirtschaftsgipfel von München, als Deutschland 1992 Gastgeber der G7, der sieben führenden Industrienationen, war.

1993 schied Köhler aus der Bundesregierung aus und wird Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. Weiter führt er sein Präsidentenamt der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London. Er wird geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds in Washington.

2004 wurde Horst Köhler neunter Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Während seiner Amtszeit setzte sich Horst Köhler vor allem für eine globale, gerechtere und nachhaltigere Wirtschaftsordnung ein. Er fordert eine Verantwortungsethik in der Wirtschaft und betont, dass ökonomischer Erfolg und soziale Gerechtigkeit miteinander vereinbar sein müssen.

Auch Bildung und Forschung, die Integration von Migranten sowie die Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung sind ihm wichtige Anliegen.

Besonders am Herzen liegen ihm die Beziehungen zwischen Deutschland und Afrika. Als ehemaliger Chef des IWF bereist er den Kontinent mehrfach und engagiert sich für eine bessere wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungshilfe. Er setzte sich dafür ein, dass Deutschland und Europa ihre Verantwortung für den Kontinent übernehmen. Sein Engagement für eine nachhaltige globale Entwicklung und eine starke Zivilgesellschaft findet internationale Beachtung und Anerkennung.

Im Mai 2009 wurde er von der Bundesversammlung im ersten Wahlgang mit der absoluten Mehrheit für fünf weitere Jahre im Amt bestätigt. Horst Köhler war ein Bundespräsident, der sich aktiv in den öffentlichen Diskurs einbrachte. Er hielt regelmäßig Reden zu aktuellen Themen und ausführlichen Debatten zu gesellschaftspolitischen Fragen.

Nicht einfache
Amtszeit

Seine Amtszeit war jedoch auch von Kontroversen und Kritik geprägt. Insbesondere seine Äußerungen zum deutschen Militäreinsatz in Afghanistan und zum Verhältnis von Wirtschaft und Krieg führen zu heftigen Debatten.

Am 31. Mai 2010 trat er vorzeitig aus seinem Amt als Bundespräsident zurück. „Ich bin zurückgetreten, um Schaden vom Amt abzuwenden. Die Angriffe auf mich im Zusammenhang mit meinen Äußerungen über sicherheitspolitische Interessen Deutschlands waren ungeheuerlich und durch nichts gerechtfertigt“, so zitiert ihn die Wochenzeitschrift „Die Zeit“.

So wünschen wir Horst Köhler auf diesem Weg alles Gute zum 80. Geburtstag und hoffen, dass er noch viele Jahre in Gesundheit und Zufriedenheit verbringen wird.

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