immobilien

Steigende Bauzinsen – was nun?

von Redaktion

von gerd hübner

Der Immobilienmarkt in Deutschland boomt. Seit 2009 sind die Preise laut DB Research in den Metropolen des Landes um 80 Prozent gestiegen. In den so genannten B-Lagen waren es rund 60 Prozent. Und im vergangenen Jahr wurden über 300 000 Wohnungen bundesweit fertig gestellt. In diesem Jahr sollen es gar 335 000 sein – so viele wie noch nie. Ein Grund für den Boom ist zwar die Nachfrage, die laut den Experten von DB Research seit Jahren das Angebot übersteigt. Allerdings dürften auch die extrem niedrigen Zinsen ihren Beitrag dazu leisten. Laut der Interhyp kostete ein Baudarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung im Juli 2008 noch 5,3 Prozent. Im August 2016 waren es nur 1,13 Prozent.

Doch die Zeiten der extrem niedrigen Zinsen scheinen sich dem Ende entgegen zu neigen. Ende Mai liegen die Zinsen für einen Baukredit mit zehn Jahren Laufzeit im Schnitt bei 1,45 Prozent – gegenüber dem Tiefstand in 2016 ein Anstieg um fast 30 Prozent. Und das dürfte noch nicht das Ende sein. „Sie müssen bedenken, dass die Europäische Zentralbank ihre Anleihekäufe bis zum Jahresende auslaufen lässt“, sagt Gottfried Urban von der Bayerische Vermögen AG. „Und das wird, wie schon in den USA, zu weiter steigenden Zinsen und Renditen führen.“

Bundesanleihen geben Richtung vor

Dabei sollten Bauherren vor allem auf die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen achten. „Da Immobiliendarlehen meist mit langen Laufzeiten abgeschlossen werden, ist für die Bauzinsen die Entwicklung der langfristigen Anleiherenditen entscheidend“, erklärt Tom Herrmann von der FiNUM.Private Finance AG. Und die kletterten von 0,3 Prozent im Dezember 2017 bis Ende Mai 2018 auf über 0,5 Prozent. In der Spitze waren es sogar mehr als 0,7 Prozent. „In der Regel liegen die Bauzinsen etwa einen Prozentpunkt über der Rendite zehnjähriger deutscher Staatstitel“, informiert Urban. Geht die Rendite also Richtung ein Prozent, dann müssen Bauherren mit einem Anstieg der Bauzinsen auf zwei Prozent rechnen.

Ein Grund zur Panik ist das zwar zunächst nicht, da sich die Zinsen noch auf niedrigem Niveau befinden und nur langsam steigen. „Einen signifikanteren Anstieg werden wir vielleicht erst in ein oder zwei Jahren sehen“, so Urban.

Ohne Auswirkungen auf den Immobilienmarkt hierzulande wird das neue Zinsumfeld dennoch nicht bleiben. „Neben den gestiegenen Immobilienpreisen und der Sättigung an manchen Standorten werden auch die anziehenden Zinsen dazu beitragen, dass sich die Preisdynamik in diesem Markt verlangsamt“, macht Herrmann klar.

Sich nun allein wegen der noch niedrigen Zinsen um jeden Preis in ein Immobilienabenteuer zu stürzen, davor warnen Experten deshalb auch. „Heute sind die Preise für Immobilien überall recht hoch“, erklärt Urban. „Und wer eine vermeintlich günstige Immobilie in schlechter Lage kauft, für den kann es in einigen Jahren bei weiter steigenden Zinsen und fallenden Preisen ein böses Erwachen geben.“ Anders sieht er das dort, wo jemand die Eigennutzung im Sinn hat. „Hier spielen emotionale Gründe eine wichtige Rolle und es ist eher zweitrangig, wie sich der Immobilienmarkt weiterentwickelt“, so Urban. Gerade in solchen Fällen dürfte es sich lohnen, über eine Absicherung des aktuell noch niedrigen Zinsniveaus nachzudenken. Wer also heute schon weiß, dass er in ein oder zwei Jahren eine Immobilie kaufen oder ein Haus bauen will, der kann beispielsweise einen Kreditvertrag bei einer Bank abschließen, den Kredit selbst aber erst 2019 abrufen. Zwar muss der Kreditnehmer dann Bereitstellungszinsen zahlen. „Unter dem Strich kann sich das angesichts des derzeitigen Zinsentwicklung aber lohnen“, erklärt Tom Herrmann.

Forward-Darlehen und Bauspardarlehen

Auch Kreditnehmer, bei denen in den kommenden Jahren die Zinsbindung eines bestehenden Darlehens ausläuft, sollten darüber nachdenken, jetzt zu handeln. Sie haben die Möglichkeit, sich das aktuelle Zinsniveau bis zu fünf Jahre im Voraus über ein Forward-Darlehen zu sichern. „Dafür verlangen Banken einen Zinsaufschlag, der derzeit für ein Darlehen mit zehn Jahren Laufzeit bei etwa 20 Basispunkten im Schnitt pro Jahr liegt“, so der Anlageexperte. Das heißt, wer sich den aktuellen Bauzins von 1,45 Prozent für eine in zwei Jahren anstehende Anschlussfinanzierung sichern möchte, muss dafür einen Aufschlag von 0,4 Prozentpunkten einkalkulieren. Insgesamt kann ein Darlehensnehmer so die Anschlussfinanzierung heute schon bei 1,85 Prozent festzurren. „Das lohnt sich dann, wenn in zwei Jahren die Bauzinsen über diesem Zinssatz liegen“, so Herrmann weiter. Liegen sie darunter, dann wäre der Kreditnehmer ohne das Forward-Darlehn besser gefahren. Ein Restrisiko bleibt also. Allerdings ist auch ein Zins von 1,85 Prozent nicht übermäßig hoch. Bei wem das Darlehn übrigens in weniger als zwölf Monaten ausläuft, muss unter Umständen gar kein Forward-Darlehen in Anspruch nehmen. Manche Banken berechnen dann nur niedrigere Bereitstellungszinsen oder gar keine Gebühren.

Eine weitere Alternative ist ein Bauspardarlehen. „Dabei ist zwar ein Eigenkapitalanteil, der oftmals bei rund 20 Prozent liegt, nötig und die Abschlussgebühren sind höher, die Restsumme bekommen Kreditnehmer aber dann zum Teil deutlich günstiger für rund ein Prozent“, erklärt Herrmann. Sich über solche Alternativen jetzt Gedanken zu machen, kann unter dem Strich viel Geld sparen.

Artikel 2 von 5