Rund eine Millionen Menschen machen jedes Jahr eine medizinische Reha. Das sind mehrwöchige ambulante oder stationäre Aufenthalte in spezialisierten Kliniken, etwa kardiologischen, orthopädischen oder psychosomatischen. Aber es gibt immer wieder Berichte, dass das Beantragen einer Reha alles andere als einfach sei. Daher hat die Zeitschrift „Finanztest“ für ihre Juni-Ausgabe mit Kostenträgern, Ärzten und Betroffenen gesprochen und gibt wertvolle Tipps, wie der Antrag klappt.
Keine Zeit verlieren
Rehas werden aus unterschiedlichen Töpfen finanziert, wie Renten-, Kranken-, Unfallkasse. Sich gleich an den richtigen Kostenträger zu wenden, spart Zeit. Sind Betroffene berufstätig und soll die Reha dabei helfen, dass das so bleibt, ist meist die gesetzliche Rentenversicherung zuständig. Sie zahlt für Ärzte, Therapien, medizinische Anwendungen, Reise, Unterkunft und Verpflegung. Je nach Einkommen wird aber eine Zuzahlung von bis zu 10 Euro pro Tag fällig – für längstens 42 Tage.
Anspruch klären
Die Rentenkasse finanziert die Reha nur unter gewissen Voraussetzungen. Sind diese erfüllt? Gesundheitliche Voraussetzungen: Die Erwerbsfähigkeit ist durch Krankheit oder körperliche, geistige oder seelische Behinderung gefährdet oder gemindert. Eine Reha könnte die Lage verbessern oder eine Verschlechterung aufhalten. Auch wurde bereits auf andere Weise versucht, sich zu helfen – man war etwa wegen einer Arthrose bereits bei einem Physiotherapeuten. Beim Nachweis dieser Punkte spielt der Arzt eine zentrale Rolle.
Bedingungen erfüllen
Eine der folgenden versicherungsrechtlichen Vorgaben muss dabei erfüllt sein:
. Die Patientin oder der Patient kommt als Pflicht- oder freiwillig Versicherter auf eine 15-jährige Mindestversicherungszeit – von der Rentenkasse auch Wartezeit genannt.
. In den letzten zwei Jahren vor dem Reha-Antrag wurden mindestens sechs Kalendermonate lang Rentenpflichtbeiträge gezahlt, etwa als Arbeitnehmer.
. Es wurde nach der Ausbildung innerhalb von zwei Jahren eine versicherte oder selbstständige Beschäftigung aufgenommen und diese wird zum Zeitpunkt des Antrags noch ausgeübt oder man ist arbeitsunfähig beziehungsweise arbeitslos.
. Die Patientin oder der Patient bezieht eine Erwerbsminderungsrente.
. Es liegt Erwerbsminderung vor oder eine Erwerbsminderung ist absehbar.
. Eine Versicherungszeit von fünf Jahren wird erreicht
. Die Patientin oder der Patient sind vermindert erwerbsfähig und beziehen eine große Witwenrente.
Hilfe des Arztes
Ganz wichtig: Betroffene sollten mit ihrem Arzt an einem Strang ziehen. Denn die Erfolgschancen des Antrages sind höher, wenn man sich eng mit Haus- oder Facharzt abstimmt. Der Arzt schreibt für die Rentenkasse einen ärztlichen Befundbericht (ÄBB), der wichtig für die Beurteilung des Antrags ist.
Der Befundbericht sollte vor allem eindeutig sein. Wer etwa seit Jahren an Rheuma leidet, aber auch an Depressionen, muss zusammen mit dem Arzt überlegen, welche Krankheit vorrangig während der Reha angegangen werden soll. Davon hängt ab, welche Klinik geeignet ist: eine psychosomatische Klinik oder eine auf Rheumaerkrankungen spezialisierte Klinik.
Hauptdiagnose, Funktionsstörungen und bisherige Behandlungen müssen aufeinander abgestimmt sein. Kann der sozial-medizinische Dienst der Rentenkasse das Ziel der Reha nicht erkennen, lehnt er den Antrag im ungünstigen Fall ab. Oder er fordert ein ärztliches Gutachten an: Ein von der Rentenkasse ausgewählter Arzt nimmt den Patienten dann unter die Lupe.
Bürokratie akzeptieren
Ohne Formulare geht es leider nicht. An die Antragsformulare kommen Betroffene telefonisch oder in einer der Auskunfts- und Beratungsstellen der Rentenversicherung. Die Mitarbeiter dort helfen beim Ausfüllen. Auch im Internet gibt es das Formularpaket. So klickt man sich durch: deutsche-rentenversicherung.de – Services – Formulare & Anträge – Versicherte, Rentner, Selbstständige – Rehabilitation.
Kernstück des Pakets ist das eigentliche Antragsformular (G0100). Dazu gehört die Anlage G0110. In ihr geht es um die berufliche Situation und die bisherigen Behandlungen. Den „Selbsteinschätzungsbogen“ (G0115) muss man nicht ausfüllen, er ist aber sinnvoll. Hier stellen Betroffene ihre Sicht der Dinge dar: Erwartungen an die Reha, familiäre und berufliche Belastungen, Erfahrungen mit bisherigen Behandlungen. Dabei sollte man ausführlich sein, notfalls auf einem gesonderten Blatt. Ein weiteres Formular, den AUD-Beleg (G0120), sollte man sich von der Krankenkasse ausfüllen lassen.
Wichtig ist, dass sich die Angaben nicht widersprechen und zum Befundbericht des Arztes passen. Daher sollten Patienten vor allem auf jene Aspekte eingehen, die die Notwendigkeit der gewünschten Reha-Maßnahme herausstellen. Wer an Rheuma leidet, aber nach mehreren depressiven Episoden in eine psychosomatische Klinik möchte, sollte darauf den Schwerpunkt legen. Auch sollte dargelegt werden, was bisher schon unternommen wurde – etwa Psychotherapie oder Selbsthilfegruppe.
Nicht zu wählerisch
Anspruchsvoll ja, aber nicht zu wählerisch bei der Klinik sein: Patienten sollten nach einer Klinik suchen, die Ihnen gefällt. Die Rentenkasse versucht, die Wünsche zu berücksichtigen, solange sie zur Indikation passen. Auch sollte angegeben werden, in welchem Zeitrahmen die Reha erfolgen soll, ob ganztägig ambulant oder stationär. Auch religiöse, weltanschauliche, alters- und geschlechtsspezifische Vorlieben können genannt werden. Aber: Je mehr Wünsche, desto länger kann es mit einem Platz dauern.
Im Fall der Ablehnung
Betroffene sollten Widerspruch einlegen, sofern der Reha-Antrag abgelehnt wird. Die „Finanztest“-Experten raten: „Nehmen Sie es nicht persönlich. Widersprechen Sie.“ Das gehe innerhalb von vier Wochen, nachdem Patienten den Ablehnungsbescheid erhalten haben. „Sprechen Sie noch mal mit Ihrem Arzt. Finden Sie vielleicht aussagekräftigere Begründungen für die Notwendigkeit der Reha? Gibt es weitere Unterlagen, die Sie hinzufügen könnten?“ Auch Beratungsstellen der Rentenversicherung helfen. Bleibt der Widerspruch ohne Erfolg, sollte von einer Klage abgesehen werden. „Das kann jahrelang dauern“, warnt „Finanztest“. „Stellen Sie einfach einen neuen Antrag.“ mm