LESER FRAGEN – EXPERTEN ANTWORTEN

Erbanspruch nach der Adoption?

von Redaktion

Michael W.: „Aufgrund längerer familiärer Streitigkeiten wurde meine Tochter letztes Jahr von meiner Schwester, also ihrer Tante adoptiert. Gegen meinen Willen natürlich, aber sie war bereits volljährig, deshalb hatte ich keine Möglichkeit, das zu verhindern. Meine Schwester ist kinderlos. Es besteht kein Kontakt mehr. Wir haben noch eine weitere, jüngere Tochter. Hat die ältere Tochter Anspruch auf ihren Pflichtteil bei uns oder ist das mit der Adoption erloschen?“

Bei der Adoption eines minderjährigen Kindes erlöschen kraft Gesetzes die verwandtschaftlichen Beziehungen des Kindes zu seinen leiblichen Eltern und Verwandten. Mit der Kappung dieser Verwandtschaft enden gleichzeitig die daraus abzuleitenden Rechte und Pflichten, wobei vorrangig der Unterhalt und das Erbrecht zu nennen sind. Gänzlich anders verhält es sich bei der „Volljährigen-Adoption“: In diesem Fall bleibt die verwandtschaftliche Beziehung des Volljährigen zu seinen leiblichen Eltern, wie das Gesetz formuliert, „unberührt“, das heißt, sie besteht unverändert fort, einschließlich aller sich hieraus ergebenden Konsequenzen. So muss Ihre ältere Tochter im Fall Ihrer Gebrechlichkeit oder im Pflegefall gegebenenfalls Unterhalt leisten, sie ist andererseits in Ihrem Todesfall erbberechtigt. Wenn Sie Ihre jüngere Tochter testamentarisch als Alleinerbin einsetzen, steht der älteren – weil enterbt – ein Pflichtteilsanspruch zu. Dies gilt auch dann, wenn die Adoptivmutter, also die Tante, vorverstorben ist und Ihrer älteren Tochter etwa ein größeres Vermögen hinterlassen haben sollte. Beide Erbfälle müssen unabhängig voneinander betrachtet werden.

Es gibt beschränkte Möglichkeiten, Pflichtteilsansprüche der älteren Tochter zu minimieren oder gänzlich auszuschließen. Die Antwort auf diese Frage würde jedoch den vorliegenden Rahmen weit sprengen.

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