Gericht stärkt Online-Rechtsbeistand

von Redaktion

Wer Mietärger ohne eigenen Rechtsanwalt lösen will, kann auf die Hilfe von Legal-Tech-Unternehmen zurückgreifen. Der BGH bestätigt in einem Grundsatzurteil die Klagebefugnis für das Online-Portal.

VON SÖNKE MÖHL

Mieterhöhung, Schimmel, Schönheitsreparaturen: Im Streit mit Vermietern können Mieter ihre Interessen von Internet-Dienstleistern wie Wenigermiete.de vertreten lassen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem Grundsatzurteil. Die Tätigkeit des Unternehmens einschließlich Klage bei Gericht sei als Inkassodienstleister durch das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) gedeckt und keine unzulässige Rechtsberatung, entschied der VIII. Zivilsenat (Az. VIII ZR 285/18).

Die im verhandelten Fall zwischen Mieter und Wenigermiete.de vereinbarte treuhänderische Abtretung ist wirksam, entschied der für das Wohnraummietrecht zuständige Senat und verwies den Fall an das Landgericht Berlin zurück. Dort soll jetzt festgestellt werden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Forderungen des Mieters berechtigt sind.

Das seit dem Jahr 2008 geltende RDG gebiete es, „den Inkassobegriff nicht zu eng auszulegen“, sagte die Vorsitzende Richterin Karin Milger. Der Gesetzgeber habe das Ziel einer grundlegenden Neugestaltung verfolgt, die an den Gesichtspunkten der Deregulierung und Liberalisierung orientiert ist.

Wenigermiete.de ist ein Angebot der Berliner Firma Lexfox und hat sich auf Streitigkeiten um Schönheitsreparaturen, Mietminderung, Kündigungen oder zu hohe Mieten spezialisiert. Solche Portale haben keine Rechtsanwaltslizenz, sondern setzen die Verbraucherrechte für ihre Nutzer als Inkassounternehmen durch. Kosten entstehen für den Mieter nur bei Erfolg. Das ist aus Sicht des Senats in Ordnung, weil es sich bei den Unternehmen nicht um Organe der Rechtspflege handelt. Rechtsanwälte etwa dürfen kein Erfolgshonorar vereinbaren.

In dem konkreten Fall versucht Wenigermiete.de, für einen Mieter eine möglicherweise zu hoch angesetzte Miete zu drücken. Es geht um 25 Euro im Monat. Das Unternehmen verlangt im Erfolgsfall ein Drittel der ersparten Jahresmiete. Das Landgericht Berlin hatte die Klage abgewiesen, weil sie Lexfox nicht für klagebefugt hielten.

Andere Anbieter der noch jungen Legal-Tech-Branche dürften mit großem Interesse auf das Urteil schauen. Es gibt Unternehmen, die Fluggastrechte einklagen, Lebensversicherungen rückabwickeln oder Hartz-IV-Widersprüche durchboxen. Prüfen müssen diese Unternehmen allerdings die Frage, wie weit das Urteil auf sie zutrifft.

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