Enterben ist gar nicht so einfach

von Redaktion

Kinder und Eltern haben beim Erben Anspruch auf einen Pflichtteil. Dieser gesetzlich vorgeschriebene Anteil kann ihnen nur in seltenen Ausnahmefällen streitig gemacht werden.

VON MAIK HEITMANN

Schwerwiegende Streitigkeiten oder das Gefühl, von seinen Kindern im Alter vernachlässigt zu werden, lässt manchen Älteren darüber nachdenken, einzelne Nachkommen vom Erbe auszuschließen. Für den gesetzlichen Erbanteil ist das möglich, beim Pflichtteil nur in Ausnahmesituationen.

Freiwilliger Verzicht

Sollte ein Erbe an seinem Pflichtteil nicht interessiert sein, so kann ein Pflichtteilsverzichtvertrag weiterhelfen, um zum Beispiel den überlebenden Elternteil abzusichern. Auch kann ein solcher Vertrag geschlossen werden, wenn ein Auseinanderbrechen von Familienbetrieben bei mehreren Erbberechtigten verhindert werden soll.

Möchte ein Erbe auf seinen Pflichtteil verzichten, so muss das in einem notariell beglaubigten Vertrag zwischen den Parteien vereinbart werden. Meist fließt eine Ausgleichszahlung. Interessant: Der Erblasser muss bei der Beurkundung anwesend sein. Der Erbberechtigte darf sich vertreten lassen.

Folgen

Ein Verzicht auf den Pflichtteil hat Folgen. So sind weitere Ansprüche vom Verzicht betroffen. Dazu zählen die Ausgleichs- und Zusatzpflichtteile sowie Ergänzungsansprüche. Das bedeutet zum Beispiel, dass mögliche Erben des Erbberechtigten ebenso vom Pflichtteil ausgeschlossen sind. Sollte nun der Erbberechtigte im Testament oder im Erbvertrag zusätzlich ausdrücklich vom Erbe ausgeschlossen worden sein, so ist er quasi enterbt. Dazu genügt es auch, dass der Erblasser andere Erben positiv einsetzt.

Ausschluss

Wer durch ein Testament oder einen Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, der hat als direkter Angehöriger dennoch Anspruch auf den Pflichtteil. Dieser macht die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils aus. Wegen Vernachlässigung oder Streitigkeiten darf der Pflichtteil nicht entzogen werden.

Wer „echt enterben“ will, wer also verhindern möchte, dass ein Nachkömmling den Pflichtteil bekommt, der muss nachweisen, dass der Erbberechtigte ihm oder einer nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet. Ein Ausschluss ist auch möglich, wenn der Erbe zu mindestens einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt worden ist oder er – rechtskräftig angeordnet – in einer Psychiatrie untergebracht ist.

Strafklausel

Eheleute können im Testament oder im Erbvertrag eine „Pflichtteilsklausel“ einsetzen, oft auch Pflichtteilsstrafklausel genannt. Im „Berliner Testament“ bestimmen sich die Ehepartner gegenseitig als Erben. Weitere Erben werden als Schlusserben eingesetzt. Sollte ein Elternteil sterben und ein Erbe dennoch den Pflichtteil fordern, bekommt dieser auch nach dem Tod des zweiten Elternteils nur den Pflichtteil. Der gesetzliche Erbanspruch entfällt dann.

Artikel 4 von 6