Immobilien bieten Sicherheit, und die ist besonders in schwierigen Zeiten wie diesen gefragt. Dementsprechend ging die Immobilienwirtschaft aus Krisen meist als Gewinner hervor. Aber diese Krise könnte anders enden. Laut Maklerverband IVD wird die Pandemie in Zukunft noch „spürbare Auswirkungen“ auf den Immobilienmarkt haben. Schon jetzt ist die Zahl der Wohnungsangebote in München um ein Drittel gesunken. Auch die Wohnträume haben sich angepasst.
Garten und Büro
„Die Menschen wollen einen Garten“, sagt Stephan Kippes, Chef des IVD-Institus, „und sehen Wohnungen ohne Balkon viel kritischer.“
Wohnungen würden jetzt auch mehr als Arbeitsplatz gesehen. „Einige Leute achten jetzt verstärkt darauf, ob sich die Wohnung auch fürs Homeoffice eignet und man dort ein oder zwei Tage die Woche arbeiten kann“, sagt Kippes. Die Nähe zum Arbeitsplatz könnte dann eine nicht mehr so große Rolle spielen. Einige Experten vermuten, dass die Immobilienpreise nach der Corona-Krise sinken könnten. Das ist aber je nach Region unterschiedlich: In Landsberg am Lech zum Beispiel erwartet Makler Benjamin Herfeldt durchaus Preisrückgänge, wenn Hausbesitzer ihre Kredite nicht mehr abbezahlen können: „Es werden einige verkaufen müssen, und dadurch gehen die Preise runter.“
In München dagegen ist nach Einschätzung von Makler Christoph Müller-Brandt kein Rückgang zu erwarten: „Vorher hatten Sie vielleicht 50 Interessenten, jetzt sind es noch 20 –- aber Sie können nur an einen verkaufen.“ Es gebe „keine wirklich spürbaren Veränderungen“.
Preise in München
Eine verlässliche Prognose gebe es laut Kippes nicht. „Man muss wirklich abwarten“, sagt er. Denn Tatsache ist: Noch werden Immobilien wegen der Corona-Krise kaum billiger. Schon gar nicht in München. Hier klettern die Kaufpreise – wie bisher – weiter in die Höhe: Eigentumswohnungen (Neubau) etwa sind seit Herbst 2019 um 2,7 Prozent teurer geworden, Reihenmittelhäuser (Bestand) sogar um 5,2 Prozent. Eine Eigentumswohnung (Bestand) mit gutem Wohnwert kostet in München laut IVD im Schnitt 7750 Euro pro Quadratmeter – das sind 250 Euro mehr als im Herbst 2019. Je nach Stadtteil driftet dieser Wert stark auseinander: In Bogenhausen etwa – von der Qualität der Wohnlage vom IVD als „sehr gut“ eingestuft – kostet der Quadratmeter im Schnitt 11 400 Euro. In einer einfachen Lage wie Langwied zahlen Käufer nur 4900 Euro.
Preise in Bayern
Auch in Bayern sind die Kaufpreise im vergangenen halben Jahr stark gestiegen: Bis auf neu errichtete Eigentumswohnungen (plus 2,6 Prozent) sind alle Objekttypen zwischen 4,5 und 6,1 Prozent teurer geworden. Baugrundstücke für Einfamilienhäuser kosten sogar 8,8 Prozent mehr als im Herbst vergangenen Jahres.
Unsicherheiten
Seit Beginn der Ausgangbeschränkungen habe die Nachfrage auf dem bayerischen Immobilienmarkt nachgelassen, sagt Kippes. Und auch in Zukunft sei zu erwarten: Wenn Menschen ihren Job verlieren, würde das den Zuzug in die Städte dämpfen, und ohne Arbeit könnten sich deutlich weniger Menschen Immobilien leisten. Dieser Zusammenhang ist in einigen Kommunen klar zu erkennen, zum Beispiel in Ingolstadt, wo auf dem einstmals überhitzten Immobilienmarkt nun die Preise bröckeln. Grund ist die Krise bei Audi, die sich schon vor Beginn der Corona-Krise bemerkbar machte.
Auch könnten Banken aufgrund höherer Risiken Finanzierungen teurer machen. Wie sich die Pandemie insgesamt auf die Immobilienbranche auswirken wird, werde sich laut Kippes erst in den nächsten Monaten herausstellen. Er warnt deshalb vor vorschnellen Entscheidungen: „Jetzt bloß nicht auf Teufel komm raus kaufen oder verkaufen! In der Ruhe liegt die Kraft.“