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Preissprung in der Pflegeversicherung

von Redaktion

Die Beitragserhöhung um 86 Prozent für Ihre Pflegezusatzversicherung erscheint mir sehr hoch, ist aber durchaus möglich. Nach einer Untersuchung der Stiftung Warentest über Beitragserhöhungen von 160 Pflegezusatzversicherungen 2017 lagen die meisten Beitragserhöhungen zwischen 30 und 40 Prozent, in einem Fall allerdings auch bei über 100 Prozent. Ob die Erhöhung rechtens ist, lässt sich ohne Kenntnis Ihres Tarifs und der Berechnungsgrundlagen nicht beurteilen. Grundsätzlich gilt: Versicherungsgesellschaften dürfen ihre Beiträge nicht willkürlich erhöhen. Für die Beitragserhöhungen müssen die dafür notwendigen Berechnungsgrundlagen von einem – vom Versicherungsunternehmen unabhängigen – Treuhänder überprüft werden, der der Beitragsanpassung zustimmen muss (gesetzlich geregelt ist dies im § 203 des Versicherungsvertragsgesetzes VVG).

Wenn Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragserhöhung haben, kann Ihnen möglicherweise der Ombudsmann der Privaten Kranken- und Pflegeversicherung (www.pkv-ombudsmann.de) oder die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Verbrauchertelefon: 0800/210 0500 ) weiterhelfen.

Dass Sie so viel mehr an Beitrag zahlen sollen, liegt aber wohl nicht daran, dass Personen über 80 Jahren diskriminiert werden. Die hohe Beitragserhöhung hat vermutlich zwei andere Gründe: Zum einen mussten die Versicherer ihren Rechnungszins anpassen, zum anderen müssen sie wegen der Pflegereform 2017 häufiger Pflegetagegeld auszahlen. Mit dem Rechnungszins wird das für künftige Pflegetagegelder gebildete Kapital (Alterungsrückstellungen) verzinst. Weil die Versicherer am Kapitalmarkt den ursprünglichen Rechnungszins von drei Prozent nicht mehr bekommen, wurde dieser gesenkt. Davon sind auch Alt-Verträge der Pflegezusatzversicherung betroffen. Über den Zinseszinseffekt verteuern sich die lange bestehenden Policen sogar besonders stark. Mit der Pflegereform 2017 wurde schließlich das bisherige System der Begutachtung geändert und die bisherige Definition und Einteilung in Pflegestufen auf Pflegegrade geändert. Dadurch müssen Versicherer von Pflegetagegeldern diese tendenziell früher und häufiger zahlen. Bei einer Kündigung erhalten Sie die eingezahlten Beiträge nicht zurück. Sofern es einen günstigeren gleichwertigen Tarif gibt, haben Sie einen Rechtsanspruch (§ 204 VVG) in diesen unter Anrechnung der Alterungsrückstellungen ohne erneute Gesundheitsprüfung zu wechseln. Sie können auch erwägen, den Versicherungsumfang zu senken (etwa, indem Sie das Krankentagegeld von 50 Euro auf 40 Euro senken), um den Beitrag stabil zu halten.

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