Wie können sich Wirecard-Aktionäre wehren?

von Redaktion

Manfred V.: „Ich habe mit Wirecard-Aktien viel Geld verloren. Beim Konzern, der insolvent ist, aber auch bei der Bafin, wird für Anleger vermutlich nichts zu holen sein. Sehen Sie eine Chance, dass man mit einer Sammelklage erfolgreich gegen die hauptverantwortliche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY vorgehen kann?“

Wir verfolgen das Geschehen rund um Wirecard seit einiger Zeit und hatten auf der vergangenen Hauptversammlung Bedenken angemeldet. Inzwischen hat das Gutachten von KPMG große Defizite in der Organisation von Wirecard aufgedeckt. Es gipfelte in den fehlenden 1,9 Milliarden Euro, die auf Treuhandkonten verschwunden sind. In der Folge kam es zur Insolvenz. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sämtliche Vorstandsmitglieder wegen Bilanzmanipulation und möglichen Betruges.

Aufgrund des Insolvenzantrages seitens Wirecard ist eine Klage gegen die Gesellschaft selbst zurzeit nicht opportun. Die Verfahren werden regelmäßig mit Eröffnung des endgültigen Insolvenzverfahrens ausgesetzt. In Betracht kommt, dass Sie Ihre Schadensersatzforderung als Aktionär zur Insolvenztabelle von Wirecard anmelden. Dies ist zurzeit aber noch nicht möglich. Die Organe von Wirecard, also der Vorstand und auch der Aufsichtsrat, scheinen in erheblichem Maße ihre Pflichten vernachlässigt oder sogar bewusst, das heißt vorsätzlich, getäuscht zu haben. In Betracht kommen also Ansprüche gegen die Vorstandsmitglieder und die Aufsichtsratsmitglieder.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) sieht sich erheblicher Kritik gegenüber. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat erst 2020 das Testat für 2019 endgültig verweigert, nachdem die Ungereimtheiten durch das Gutachten von KMPG aufgedeckt wurden. Jetzt stellt sich die Frage, warum die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in den Jahren zuvor das Testat erteilt hat, obwohl anscheinend seit Jahren Treuhandgelder nicht in dem bilanzierten Umfang vorhanden waren.

Es ist damit zu rechnen, dass eine Vielzahl von Klagen gegen EY erhoben werden. Diese Klagen werden im Rahmen eines Kapitalmusterverfahrens, dem sogenannten KapMuG-Verfahren, zusammengefasst werden. Hierbei werden die zwischen den Parteien strittigen Fragen im Rahmen dieses KapMuG-Verfahrens geklärt werden. Die rechtskräftigen Feststellungen gelten dann für alle in dem KapMuG-Verfahren zusammengefassten Gerichtsprozesse.

Sobald ein KapMuG-Verfahren eingeleitet wurde, können Anleger sich auch in diesem Verfahren nur registrieren lassen. Damit erreichen Sie keine Klärung Ihrer Ansprüche, aber eine Hemmung einer möglichen Verjährung Ihrer Ansprüche solange dieses Verfahren läuft. Die Registrierung ist ein Verfahren, das zwar nur Anwälte für den Anleger durchführen können, das aber kostengünstiger ist als eine eigenständige Klage. Man erreicht damit aber leider nicht mehr als eine Hemmung der Verjährung. Die im Rahmen eines KapMuG-Verfahrens rechtskräftig festgestellten Haftungsfragen gelten für die registrierten Anleger nicht.

Eine Haftung der Bafin würde grundsätzlich ins Auge springen, ist aber aufgrund der gesetzlichen Regularien nach deutschem Recht zurzeit ausgeschlossen. Dieser Haftungsausschluss gegenüber Privatanlegern resultiert daraus, dass die Bafin nur aufsichtsrechtliche Tätigkeiten vornimmt. Dieser Ausschluss liegt zurzeit zur Überprüfung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Wie der EuGH entscheidet, ist nicht vorauszusehen. Sollte aber der Haftungsausschluss kippen, käme eine Staatshaftung wegen möglicher Fehler der Bafin in Betracht.

Ich rate Ihnen dringend, sich bei einem Anwalt zu melden, der auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert ist. Sie werden nur dann einen Ersatz Ihres verlorenen Vermögens erhalten, wenn Sie sich wehren und Schadensersatz einfordern.

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