Sinkende Zinsen, abschmelzende Garantien – die Zinsflaute hält Lebensversicherer im Griff. Die laufende Verzinsung sinkt. Verbraucher werden weniger herausbekommen, als sie erhofft hatten.
Versicherungsmathematiker empfehlen eine Senkung. „Wir schlagen dem Bundesfinanzministerium vor, den Höchstrechnungszins ab 1. Januar 2022 für Neuverträge auf 0,25 Prozent festzulegen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Aktuarvereinigung, Guido Bader. Seit 2017 liegt dieser Garantiezins bei 0,9 Prozent. Eine Senkung auf 0,5 Prozent 2021 wurde vom Ministerium blockiert.
Der Höchstrechnungszins soll verhindern, dass sich Versicherer mit Versprechen übernehmen. Sie dürfen Neukunden nicht mehr garantieren. Anpassungen gelten für Neuverträge, die später abgeschlossen werden.
Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata rechnet für 2021 mit einem Rückgang der laufenden Verzinsung bei Kapitallebensversicherungen und privaten Rentenpolicen mit Garantiezins auf durchschnittlich 2,10 bis 2,15 Prozent nach 2,29 Prozent 2020. Bei abgespeckter Garantie könnten es 2,15 bis 2,20 Prozent sein. Erste Lebensversicherer haben ihre Erklärungen für 2021 veröffentlicht. So senken die Allianz Leben (von 2,5 auf 2,3 Prozent) und die Axa (2,9 auf 2,6 Prozent) die laufende Verzinsung. Diese setzt sich aus dem Garantiezins und der Überschussbeteiligung zusammen.
Kunden mit alten Verträgen profitieren vielfach noch von einem Garantiezins von bis zu 4 Prozent. Für die Branche ein Problem, weil sie trotz Zinsflaute hohe Versprechen erfüllen muss. Staatsanleihen mit guter Bewertung werfen jedoch nichts mehr ab. „Durch die Geldflut der Notenbanken in der Corona-Krise wird das Zinsniveau auf dem historischen Vorjahrestiefpunkt zementiert“, sagte Heermann. Legen Versicherer das Geld in riskanteren Papieren mit höheren Zinsen an, müssen sie mehr Eigenmittel vorhalten. „Dazu ist aber eine gewisse finanzielle Stärke erforderlich“, sagte Heermann.
Lediglich 24 der rund 80 Unternehmen bieten noch Produkte mit Höchstrechnungszins an. Viele setzen auf Verträge, die den Erhalt der eingezahlten Beiträge oder eines Teils davon zusagen. Dafür sollen sie eine etwas höhere Rendite abwerfen.
Die laufende Verzinsung bezieht sich nur auf den Sparanteil, den der Versicherer nach Abzug von Abschluss- und Verwaltungskosten sowie dem Beitrag für einen Todesfallschutz anlegt. Über die Höhe der Überschussbeteiligung entscheiden die Versicherer je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie jedes Jahr neu. Niedrige Garantiezinsen erhöhen den Spielraum bei der Anlage und können deshalb unter dem Strich mehr abwerfen.
Die Entscheidung über den Garantiezins trifft das Bundesfinanzministerium auf Grundlage der DAV-Berechnungen und Empfehlungen der Finanzaufsicht Bafin. Folgen hätte eine Senkung vor allem für neue Riesterverträge, weil es immer schwerer wird, die Vorgabe zu erfüllen, dass zumindest die eingezahlten Beiträge vollständig erhalten werden müssen. Die Versicherungsmathematiker schlagen vor, den Beitragserhalt bei der Riester-Rente sowie der Beitragszusage mit Mindestleistung in der betrieblichen Altersversorgung zu reformieren. „Je geringer die Garantien sind, desto stärker können Versicherer in etwas riskantere Kapitalanlagen investieren“, sagte Bader „Damit haben Versicherte Chancen auf eine höhere Verzinsung von Altersvorsorgeprodukten.“ Aus Sicht der Aktuare wäre eine Verringerung der Beitragsgarantie bei künftigen Riester-Verträgen auf 80 Prozent angemessen.