Kostenschub bei Wohneigentum?

von Redaktion

VON K. FISCHER UND M. PREM

Seit Dezember gilt das reformierte Wohnungseigentümergesetz. Es bringt gravierende Veränderungen mit. Darunter klare Verbesserungen, aber auch viele Regelungen, die so kompliziert sind, dass sie Anwälte und Gerichte noch nachhaltig beschäftigen werden. Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bekommen mehr Befugnisse, können aber auch leichter abberufen werden. Das könnte eine Folge haben, von der bislang nicht die Rede war: Es könnte für Gemeinschaften zukünftig schwerer werden, einen Verwalter zu finden, wenn öffentlich wird, dass vorhergehende Verwaltungen aus einer Laune der Eigentümer heraus gekündigt wurden. „Der Aufwand zur Übernahme einer neuen Gemeinschaft ist enorm. Deswegen sind Verwalter bei ihrer Neubestellung gut beraten, sich dieses Risiko der täglichen Kündigung honorieren zu lassen“, sagt Martin Kaßler, Geschäftsführer beim Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV).

Bei kleinen WEG könnte das auch nach Einschätzung von Rudolf Stürzer, dem Vorsitzenden des Haus- und Grundbesitzervereins München und Umgebung, so kommen. Denn die haben häufig Probleme, Verwalter zu finden. Aufwand und Ertrag passen oft nicht zueinander. Bei großen Eigentümergemeinschaften funktioniert dagegen der Wettbewerb. Bei einem langjährigen Vertrauensverhältnis zwischen Verwalter und Eigentümergemeinschaft dürfte dies auch aus Sicht es VDIV Deutschland unproblematisch sein.

Auch ein zweiter Aspekt könnte kostentreibend wirken: Eigentümer, aber auch Mieter, haben mehr Möglichkeiten, Änderungen am Gemeinschaftseigentum durchzusetzen. Für Barrierefreiheit, für E-Mobilität, einen besseren Einbruchsschutz oder schnelles Internet. Das könnte dazu führen, dass mehr zusätzliche Eigentümerversammlungen einberufen werden, die Verwaltern in der Regel entsprechend vergütet werden müssen.

Mieter betrifft das zumindest unmittelbar nicht. Denn Kosten der Verwaltung sind nicht umlagefähig und können daher nicht als Nebenkosten auf die Mieter abgewälzt werden. Allerdings können sie im Mietvertrag als Bestandteil der Kaltmiete ausgewiesen werden.

Dem Verband Wohnen im Eigentum (WiE) zufolge betreffen die Änderungen Eigentümer von rund zehn Millionen Wohnungen in Deutschland. Hier noch einmal ein Überblick über wichtige Änderungen:

Modernisierungen

„Über alle baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums entscheidet jetzt die einfache Mehrheit der in der Eigentümerversammlung anwesenden und vertretenen Stimmen“, erklärt Gabriele Heinrich, Vorstand des Verbandes Wohnen im Eigentum. Damit soll Modernisierungsstaus entgegengewirkt werden.

Und: Jeder Wohnungseigentümer kann die genannten baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums verlangen, Allerdings muss er dann die Kosten selbst tragen. Um Eigentümer nicht finanziell zu überfordern, müssen sich nun nur noch diejenigen an den Kosten von baulichen Veränderungen beteiligen, die der Maßnahme zugestimmt haben, so WiE.

Es gibt zwei Ausnahmen: Alle Eigentümer müssen entsprechend ihrem Miteigentumsanteil zahlen, wenn sich die Maßnahme amortisiert, aber auch, wenn die Eigentümerversammlung eine Maßnahme mit einer Mehrheit von mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschließt und die anfallenden Kosten nicht unverhältnismäßig hoch sind.

Verwalter

. Zertifizierung

Zwar gibt es auch im reformierten WEG-Gesetz nach wie vor keinen Anspruch auf einen verbindlichen Sachkundenachweis des Verwalters, wie es lange diskutiert wurde. Aber nach einer längeren Übergangsfrist von etwa zwei Jahren wird jeder Eigentümer einer WEG mit mehr als acht Sondereigentumseinheiten verlangen dürfen, dass ein von der IHK zertifizierter Dienstleister als Verwalter bestellt wird. Prinzipiell können Eigentümer ab dem 1. Juni 2024 den Nachweis einer Zertifizierung vom Verwalter verlangen, sofern dieser keine adäquate Ausbildung oder eine höhere Qualifikation vorweisen kann. „Mit der Zertifizierung würdigt der Gesetzgeber die gestiegene Verantwortung des Verwalters“, meint Martin Kaßler.

. Befugnisse

Der Verwalter kann künftig im Innenverhältnis der WEG in eigener Verantwortung ohne Beschlussfassung über Maßnahmen entscheiden, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen. Neben kleineren Reparaturen gehören dazu auch der Abschluss von Versorgungs- und Dienstleistungsverträgen in beschränktem Umfang oder die gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen. Im Außenverhältnis gegenüber Dritten, also Geschäftspartnern wie Banken, Versicherungen oder Handwerkern vertritt der Verwalter die WEG sogar unbeschränkt. „Das heißt, alle Verträge, die ein Verwalter abschließt, und alle Aufträge, die er vergibt, sind für die WEG bindend“, sagt Gabriele Heinrich. „Dafür muss sie die Kosten übernehmen. Der Verwalter darf nur keine Grundstücksgeschäfte tätigen und keine Kredite aufnehmen.“

Dass die Gemeinschaft nun allein durch den Verwalter vertreten wird, bringt aber auch mehr Rechtssicherheit für Eigentümer sowie für externe Dienstleister. Zudem steht den Gemeinschaften künftig prinzipiell das Recht zu, die Befugnisse des Verwalters im Innenverhältnis einzuschränken oder zu erweitern, argumentiert der VDIV Deutschland. Dass der bisher im Gesetz verankerte Leistungskatalog entfallen ist, räumt Verwaltungen und Eigentümergemeinschaften mehr Möglichkeiten ein, die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters genau auf die Bedürfnisse der jeweiligen Gemeinschaft abzustimmen.

. Abberufung

Ein Verwalter kann leichter abberufen werden: WEG können sich künftig einfacher von einem Verwalter trennen. Die Abberufung des Verwalters ist nicht mehr vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig. Die Wohnungseigentümer können den Verwalter jederzeit abberufen. Spätestens sechs Monate nach der Abberufung endet der Verwaltervertrag.

Versammlung

Eine Eigentümerversammlung ist unabhängig von der Zahl der anwesenden oder vertretenen Eigentümer beziehungsweise Miteigentumsanteile beschlussfähig. Damit sollen Wiederholungsversammlungen vermieden werden. Eigentümer können beschließen, dass Eigentümer online an der Eigentümerversammlung teilnehmen dürfen. Präsenzversammlungen per Mehrheitsbeschluss zugunsten reiner Online-Eigentümerversammlungen abzuschaffen, ist allerdings nicht vorgesehen.

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