LESER FRAGEN – EXPERTEN ANTWORTEN

Wer muss für die Pflege aufkommen?

von Redaktion

Petra S.: „Wir sind vier Kinder. Meine Mutter möchte ihren drei Kindern ihr Barvermögen (je 10 000 Euro) geben. Gleichzeitig wird das komplette Haus (Wert circa 180 000 Euro) dem vierten Kind per Schenkungsvertrag (mit lebenslangem Wohnrecht für die Mutter) überschrieben. Die anderen drei Geschwister sollen eine Pflichtteilverzichtserklärung abgeben. Weder im Schenkungsvertrag noch in der Pflichtteilverzichtserklärung ist eine Regelung in Bezug auf die Pflege geregelt. Wer muss, wenn meine Mutter die Kosten nicht tragen kann, dafür aufkommen? Was muss zuerst rückabgewickelt werden, der Erhalt der 10 000 Euro oder des Hauses? Oder müssen die Erben mit ihrem Einkommen für die Pflegekosten aufkommen?“

Falls Ihre Mutter ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst bestreiten kann, besteht für sie grundsätzlich ein Anspruch auf Rückübertragung der Schenkungen, die sie in den letzten zehn Jahren vor Eintritt ihrer Bedürftigkeit getätigt hat.

Laut Bundesgerichtshof stellt auch die Gegenleistung für einen Pflichtteilsverzicht eine Schenkung dar.

In der Praxis fordern aber nicht die bedürftigen Eltern die Schenkungen zurück, vielmehr leistet der Staat Unterstützung und der Anspruch auf Rückübertragung geht auf ihn über, sodass der Staat die Rückübertragung fordern kann, begrenzt auf die Höhe der geleisteten Sozialhilfe.

Der Beschenkte kann die Rückforderung abwenden, indem er den Unterhalt für den Beschenkten zahlt. Entscheidend für die Frage, wer zuerst zurückbezahlen muss, ist, wer zuletzt eine Schenkung erhalten hat. Der zuletzt Beschenkte ist der erste Ansprechpartner. Haben alle Kinder gleichzeitig die Schenkungen erhalten, haften sie ohne Rücksicht auf den Gegenwert der Zuwendung gleichrangig nebeneinander. Entscheidend ist auch, ob die Schenkung noch vorhanden ist (oder ein entsprechender Gegenwert, auch Schuldentilgung ist ein Gegenwert). Kann die Rückforderung nicht realisiert werden oder nur unter einem Betrag von 5000 Euro, können die Kinder zur Bezahlung vom laufenden Elternunterhalt herangezogen werden. Allerdings ist der Regress des Staates seit dem am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ nur noch bei Kindern möglich, deren Jahresbruttoeinkommen 100 000 Euro übersteigt.

Zur Meidung von späteren Streitigkeiten sollte im Rahmen des Schenkungsvertrages eine Regelung bezüglich späterer Pflegekosten aufgenommen werden.

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