Balkonien: Was Richter dort erlauben

von Redaktion

von Maik Heitmann

Der Balkon gehört nicht ohne Einschränkung zu den eigenen vier Wänden. Oft landen Streitfragen zwischen Nachbarn vor Gericht. Hier ein juristisches Reise-ABC für Balkonien.

Bergahorn im Topf

Vermieter können es ihren Mietern untersagen, auf ihrem Balkon einen Bergahorn anzupflanzen. Geschieht das erst spät, nachdem die ursprüngliche Topfpflanze zu einem Baum herangewachsen war, so können sie vom Mieter die fachgerechte Entsorgung verlangen (LG München I, 31 S 12371/16).

Hanf nicht zumutbar

Zieht eine Frauenärztin auf ihrem Balkon mehrere Cannabispflanzen, so kann sie sich nicht gegen die Kündigung der Drei-Zimmer-Wohnung wehren. Das gelte auch dann, wenn sie beteuert, aus dem Cannabis habe sie ausschließlich der Gesundheit zuträgliche Stoffe herstellen wollen, die frei verkäuflich seien. „Das Ziehen von Hanf ist ein vertragswidriger Gebrauch der Mietwohnung. Wenn diese Pflanzen zudem gut sichtbar auf dem Balkon wachsen, ist das nicht zumutbar“ (AmG Bonn, 201 C 358/16).

Blick vom Balkon

Lehnt sich ein Mieter über die Brüstung seines Balkons, wodurch er einen Blick auf Nachbars Balkon und in die Wohnung erhaschen kann, so begeht er damit (noch) keinen Hausfriedensbruch. Eine Mieterin kann es daher einem Nachbarn nicht gerichtlich verbieten lassen, „sich über zu lehnen“. Ein solches Verbot könnte dann berechtigt sein, wenn der Nachbar beabsichtigt, den Balkon auch zu betreten. Das bloße Hineinlehnen in den Luftraum sei nicht als Eindringen in befriedetes Besitztum zu werten (AZ: 4 UF 26/16).

Katzennetz erlaubt

Mieter dürfen Katzennetze an Balkonen anbringen, um ihre Katzen vor Sprüngen oder Stürzen zu schützen. Das gelte zumindest dann, wenn das Halten von Katzen laut Mietvertrag erlaubt ist. Zur erlaubten Katzenhaltung gehöre auch ein Katzennetz, das es dem Tier ermögliche, an die frische Luft zu gelangen, ohne Nachbarn zu stören oder Singvögel zu jagen. Wird das Netz ohne Eingriff in die Bausubstanz angebracht, so muss es nicht wieder abmontiert werden (AmG Berlin-Tempelhof, 18 C 336/19).

Lichterkette ist üblich

Eine von einem Mieter auf dem Balkon angebrachte „Party“-Lichterkette gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Es handele sich dabei um eine „sozialübliche Nutzung der angemieteten Wohnung“. Es sei inzwischen eine weitverbreitete Sitte, nicht nur zur Weihnachtszeit auch Balkone mit Lichterketten zu schmücken“ (AZ: 26 C 43/14).

Kein Markisenverbot

Vermieter dürfen es Mietern nicht pauschal verbieten, eine Markise auf dem Balkon anzubringen. Eine solche gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch. Der Schutz des Mieters vor Sonne sei ein „sozial übliches Verhalten“. Zwar stelle eine Markise grundsätzlich eine bauliche Veränderung dar, für die es eine Erlaubnis durch den Vermieter bedürfe. Jedoch müssten schon triftige Gründe vorliegen, um die Zustimmung verweigern zu können. Der Grund optische Beeinträchtigung allein reiche nicht aus (AmG Pankow/Weißensee, 4 C 367/14).

Streit um den Rauch

Dringt der Tabakrauch einer Mieterin in die Wohnung ihres Nachbarn, so kann ihr untersagt werden, zu bestimmten Zeiten auf dem Balkon zu rauchen. Dafür sei die Zeit zwischen 20 Uhr am Abend und 6 Uhr morgens angemessen. Hält sich die Frau nicht daran, so kann Ordnungsgeld drohen. Das Gericht nahm Bezug auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes, wonach einem Mieter Zeiträume freizuhalten sind, in denen er seinen Balkon unbeeinträchtigt von Rauchbelästigungen nutzen kann. Im Gegenzug sind der Frau aber auch Zeiten einzuräumen, in denen sie auf dem Balkon rauchen darf (AZ: 5 C 266/16).

Satellitenschüssel

Ein Mieter darf eine Parabol-antenne auf seinem Balkon im fünften Stock eines Hochhauses aufstellen, wenn sie optisch kaum wahrnehmbar ist und deswegen wenig beeinträchtigt. Ist sie außerdem nicht angebohrt, sondern zwischen Blumenkübeln eingeklemmt, so wird auch die bauliche Substanz des Hauses nicht beeinflusst. Dass der irakische Mieter (der arabisches Fernsehen empfangen wollte) sowohl Kabelfernsehen hat als auch über das Internet Informationen aus der Heimat beziehen kann, sei unerheblich (AZ: 412 C 11311/15).

Recht auf Sichtschutz

Ein Vermieter hat nicht das Recht, im Zuge von Umbaumaßnahmen am Mietshaus eine Sichtschutzwand an einem Balkon ohne das Einverständnis des Mieters einfach abzumontieren. Schützt diese Wand die Bewohner vor neugierigen Blicken und vor Wind und Schmutz, so ist sie „ein fester Bestandteil der Mietsache“. Der Mieter konnte die Miete hier wegen des „kleinen Mangels“ um zwei Prozent kürzen. Das ersatzlose Entfernen des Sichtschutzes stelle eine Abweichung des vertraglichen Sollzustands vom Istzustand und damit einen Mietmangel dar (LG Bremen, 2 S 124/17).

Strandkorb geht nicht

Ein Strandkorb geht nicht mehr als balkontypisches Sitzmöbel durch. Deswegen darf eine Wohnungseigentümergemeinschaft nicht beschließen, Strandkörbe auf den Balkonen der Eigentumswohnungen zu erlauben. Denn der besondere Zweck von Strandkörben sei, Sonne und Wind abzuhalten. Und durch ihre Höhe können sie die Sicht für Nutzer anderer Balkone erheblich beeinträchtigen (AmG Potsdam, 31 C 34/17).

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