Wann der Vermieter kündigen darf

von Redaktion

VON MAIK HEITMANN

Grundsätzlich sind Mieter in Deutschland gesetzlich gut geschützt. Vermieter dürfen Mietern nicht einfach so kündigen, sie haben ein verfassungsrechtliches und unter den Schutzbereich der Eigentumsgarantie fallendes Besitzrecht an ihrer Wohnung. Vermieter können Mietern nur dann kündigen, wenn ein „berechtigtes Interesse“ dafür vorliegt. Das steht im Bürgerlichen Gesetzbuch.

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs wäre ein solches Beispiel. Dabei reicht es nicht aus, wenn Vermieter nur den Wunsch haben, die Wohnung zu beziehen. Sie muss tatsächlich benötigt werden.

Begründungen

Ein „berechtigtes Interesse“ besteht zum Beispiel dann, wenn „der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt“. Die Gründe dafür müssen ausreichend dargelegt sein. Ein Beispiel wäre, dass ein Eigentümer selbst oder Angehörige in der Familienplanung sind und zukünftig mehr Wohnraum benötigen. Genauso können gesundheitliche Gründe oder ein fortgeschrittenes Alter einen Grund darstellen, so zum Beispiel, wenn eine Wohnung im Erdgeschoss benötigt wird, da das Treppensteigen zum Problem wird.

Personenbereich

Wer zum berechtigten Personenkreis gehört, der eine Eigenbedarfskündigung geltend machen kann, ist zum Teil umstritten. So ist bei Cousins und Cousinen, Großneffen und Großnichten sowie Stiefenkeln meist ein Nachweis über die besondere Bindung zum Vermieter nötig.

Anderes Beispiel: Das Amtsgericht München hat entschieden, dass ein Eigentümer auch für ein Au-pair-Mädchen Eigenbedarf geltend machen kann, da es zum Haushalt des Vermieters gehöre. In dem konkreten Fall lag die vermietete Eigentumswohnung in der Nachbarschaft der Wohnung – und in dieser war nicht ausreichend Platz, um das Au-pair-Mädchen unterzubringen (AZ: 473 C 11647/20).

Härtefälle

Mieter haben ein Recht auf Widerspruch, wenn das Ende des Mietverhältnisses für sie, ihre Familie oder einen anderen Angehörigen des Haushalts eine Härte bedeuten würde. Dabei können folgende Umstände als eine solche gelten:

. hohes Alter

. Krankheit oder Pflegebedürftigkeit

. Schwangerschaft

. Suizidgefahr

. tiefe Verwurzelung mit dem Umfeld, im Falle eines Umzugs gefährdete Abschlüsse (Schule, Studium, Ausbildung)

. Kinder im Schulalter, für die ein Schulwechsel unzumutbar ist

. unzureichendes Einkommen.

Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann. Was unter „angemessenem Ersatzwohnraum“ zu verstehen ist, muss für jeden Mieter, je nach persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, individuell geprüft werden. Dabei muss der Wohnwert nicht identisch zur bisherigen Wohnung sein. Lage, Größe und Ausstattung der Wohnung sowie bisherige Lebensgewohnheiten des Mieters sind in einem gewissen Umfang zu berücksichtigen. Wohlgemerkt: Die genannten Härte-Umstände begründen nur ein Recht auf Widerspruch zur Kündigung. Wie Gerichte das letztlich sehen, steht auf einem anderen Blatt.

Einzelfallentscheidung

Alle Gründe für Kündigungen und Härtefälle müssen im Zweifel gerichtlich entschieden werden – im Einzelfall. Denn was ist, wenn auf beiden Seiten Härten bestehen? Wie schwierig die Abwägung sein kann, zeigt ein Urteil des Amtsgerichts Dortmund: Ein Vermieterin kündigte der Mieterin wegen Eigenbedarfs, da sie ihre Wohnung mit der vermieteten Erdgeschosswohnung zusammenlegen wollte. Ihr 73-jähriger Ehemann leide an einer Herzerkrankung, sodass ein Treppensteigen ohne Weiteres nicht mehr möglich sei. Auch sie selbst sei durch eine Arthrose beeinträchtigt und der zu 100 Prozent schwerbehinderte Sohn, der im Heim lebt, benötige ein eigenes Zimmer für Besuche daheim. Die Mieterin legte Widerspruch ein und führte ihrerseits an, an einer Depressionen zu leiden und in psychotherapeutischer Behandlung zu sein. Nach einer intensiven, auf Gutachten gestützten Abwägung kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Vermieterin zwar ihr berechtigtes Interesse vernünftig und nachvollziehbar begründet hat und die Kündigung wirksam sei. Es sei aber ein „für noch kurze Zeit vorliegendes Übergewicht der Härtegründe auf Mieterseite“ festzustellen, welches sich gleichwohl mit dem fortschreitenden Alter der Vermieter bald aufwiegen würde. Im Endeffekt wurde der Mieterin die Möglichkeit gegeben, das Mietsverhältnis noch längstens drei Jahre fortzusetzen (Aktenzeichen: 425 C 3346/19).

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