Eine Schenkung (oder lebzeitige Überlassung), die ein Erblasser innerhalb der letzten zehn Jahre vor seinem Tod ausgeführt hat, ist nach gesetzlicher Vorgabe in die Pflichtteilsrechnung einzubeziehen. Der Gesetzgeber will einen gewissen Ausgleich schaffen, falls der Verstorbene den Nachlass durch eine lebzeitige Schenkung geschmälert und dadurch den eigentlichen Pflichtteilsanspruch verringert hat. Deshalb wird der Wert der Schenkung dem am Todestag vorhandenen sonstigen Nachlass zugerechnet. Die Höhe der Zurechnung hängt davon ab, wie lange die Schenkung zurückliegt: sind seit dem Schenkungsvollzug zehn Jahre vergangen, scheidet die Zurechnung aus; bis dahin schmilzt der Wert der Schenkung für jedes abgelaufene Jahr um zehn Prozent ab.
Von dieser Zehnjahresregel gibt es jedoch Ausnahmen: eine davon betrifft die Überlassung, bei der sich der Schenker das umfassende Nutzungsrecht am Schenkungsobjekt vorbehalten hat. Höchstrichterlich entschieden ist dies für den vorbehaltenen Nießbrauch: weil der Schenker über den Nießbrauch ja weiterhin „wirtschaftlicher Inhaber“ bleibt, läuft die Zehnjahresfrist rist nicht an. Der Pflichtteilsberechtigte kann somit den Wert der Schenkung ungekürzt dem Nachlass zurechnen. Anderes gilt beim Wohnrecht, jedenfalls dann, wenn sich das Wohnrecht, wie bei Ihnen, nur auf einen Teil der übergebenen Immobilie bezieht; in dieser Variante hat die Zehnjahresfrist bei der Überlassung im Jahr 2009 sehr wohl zu laufen begonnen, und nach Ablauf von nunmehr 12 Jahren bleibt die Schenkung für den Pflichtteilsanspruch unbeachtlich. Höchstrichterlich noch nicht entschieden ist die Fallvariante, bei der sich das Wohnrecht auf das gesamte Gebäude bezieht.
Selbst wenn die Rechtsprechung das Wohnrecht dem Nießbrauch gleichstellen würde, so ist das Risiko überschaubar. Dann würde zwar der Wert der Schenkung (nur Ihr eigener Schenkungsanteil, und nicht die Schenkung Ihrer Ehefrau) dem Nachlass zugerechnet, aber nur mit dem (preisbereinigten) Wert der Immobilie im Jahr 2009 (nicht der heute deutlich höhere Wert), wobei dieser Wert nochmals um den Kapitalwert des Wohnrechts zu verringern ist. Wenn Sie vor Ihrer Frau versterben, beträgt der Pflichtteil Ihres nichtehelichen Sohnes ein Achtel, bei Wegfall der Ehefrau aufgrund Vorversterbens oder bei Ausschlagung erhöht sich die Quote auf ein Viertel.