Das war es dann erst einmal mit dem Rekordkurs im neuen Jahr. Nachdem sich der Deutsche Aktienindex Dax bis Donnerstag über der Marke von 16 000 Punkten gehalten hat und am Mittwoch bis auf 16 285 Zähler gestiegen war, ist es mit dieser Börsen-Herrlichkeit vorerst vorbei. Am letzten Tag der ersten Handelswoche 2022 rutschte das Börsenbarometer wieder unter die 16 000er-Schwelle, hielt sich aber immerhin noch über dem Schlussstand von 2021 von 15 884 Punkten.
Es sind vor allem Zinsängste, die wieder für mehr Vorsicht sorgen. Die US-Notenbank Fed könnte die geldpolitischen Zügel schneller anziehen als gedacht. Und auch der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) nimmt zu. Angesichts der mit 5,0 Prozent höchsten Inflation im Euroraum seit Beginn der Währungsunion 1999 fordern immer mehr Ökonomen die Notenbank in Frankfurt auf gegenzusteuern. Nur die Anleihekäufe über das Corona-Krisen-Programm PEPP Ende März einstellen erscheint ihnen zu wenig, um den Inflationszug zu stoppen.
Andererseits sind die wirtschaftlichen Folgen der immer höheren Omikron-Corona-Welle und von verschärften Regelungen unklar. Bremsen sie die Konjunktur in der Eurozone?
Eine striktere Geldpolitik verbunden mit steigenden Zinsen für Kredite wäre da eher kontraproduktiv. „Höhere Zinsniveaus und schrumpfende Geldmengen sind nicht der Stoff, aus dem weitere Kurssteigerungen gemacht werden“, sagt Ulrich Kater, Chef-Ökonom der Deka Bank. Er sieht zudem in der Inflation den Schlüssel zur Entwicklung am Kapitalmarkt im neuen Jahr.
Bei der DZ Bank bleiben die Strategen zuversichtlich. Die aktuelle Entwicklung sei gleichwohl übertrieben und nur vorübergehend. Im Winter und im Frühjahr könne es zwar noch etwas gedämpft vorangehen. Mit der allmählichen Überwindung der Lieferprobleme und der Wirtschaftserholung spätestens im zweiten Halbjahr gebe es dann auch wieder freie Fahrt für den Aktienmarkt, glauben die DZ-Banker.
Auch Commerzbank-Stratege Andreas Hürkamp verbreitet Zuversicht, obwohl die Nervosität steigen und die Schwankungen im Dax größer werden dürften. Aber die Unternehmensgewinne setzen ihren Aufwärtstrend fortsetzen, glaubt er. Nervöse Handelstage sollten genutzt werden, um sich auf die Dividendensaison vorzubereiten. Die wird nicht nur nach Ansicht von Hürkamp vielversprechend. 31 der 40 Dax-Konzerne dürften ihre Ausschüttung erhöhen. In der Summe sollen die Dividenden im Dax sehr deutlich von 34 Milliarden für das Jahr 2020 um 38 Prozent auf fast 47 Milliarden Euro für das vergangene Jahr 2021 steigen. ROLF OBERTREIS