Kaum jemand wagt den Sprung aufs Parkett

von Redaktion

Es herrscht weitreichende Flaute: Gerade mal sieben Unternehmen haben im ersten Halbjahr den Sprung an die Börse gewagt. Halb so viele wie in den ersten sechs Monaten 2021. Und namhafte Unternehmen sucht man in der Aufstellung der Deutsche Börse AG vergebens.

Zwei sind ohnehin nur sogenannte SPACs, also Börsenhüllen, die kein konkretes Unternehmen betreffen, sondern noch auf ein Objekt warten. Und erfolgreich war seit dem Börsendebüt Ende März nur das Recycling-Unternehmen Pyrum Innovations. Zeitweise kostete die Aktie rund 120 Euro und lag damit fast doppelt so hoch wie bei der Emission. Derzeit steht das Plus aber nur noch bei neun Prozent. Alle anderen Börsenneulinge haben verloren, manche überschaubare sieben Prozent, Advanced Blockchain seit Anfang März aber rund 70 Prozent.

Angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine, der deutlich gestiegenen Inflation und hohen Unsicherheit kann die Zurückhaltung nicht überraschen. Markus Wallner von der Commerzbank sieht auch im zweiten Halbjahr nur sehr wenige Börsengänge in Deutschland. Gründe: Die Normalisierung der Geldpolitik durch die Notenbanken – also weitere Zinserhöhungen – die anhaltende Unsicherheit mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und die hohen Energie- und Materialkosten.

„Zudem sollten sich Investoren weiterhin bei Börsengängen von Unternehmen zurückhalten, die keine robusten resilienten Geschäftsmodelle aufweisen und keine klaren Gewinnaussichten besitzen“. Zu den wenigen, die 2022 doch noch den Sprung an die Börsen wagen könnten, zählen Porsche, die Solarisbank und die ThyssenKrupp-Tochter Uhde.

Das Umfeld hat sich in den letzten Wochen zumindest an der Börse selbst verbessert. Am Freitag schaffte der Deutsche Aktienindex Dax zeitweise sogar den Sprung über die Marke von 13 800 Punkten. So hoch stand das Börsenbarometer zuletzt Anfang Juni. Allein in den ersten sechs Wochen des zweiten Halbjahres hat der Dax rund 1000 Zähler zugelegt. Das ist durchaus bemerkenswert. Von einer „Erholung trotz widriger Umstände“, spricht DekaBank-Chef-Ökonom Ulrich Kater. Gründe für die Kursanstiege gebe es eigentlich nicht: Die Konjunkturaussichten hätten sich nicht aufgehellt, die hohe Inflation dämpfe die Konsumlaune, die Sorgen über die Energieversorgung seien nicht geringer geworden. Und ein Ende des russischen Überfalls auf die Ukraine ist nicht absehbar. ROLF  OBERTREIS

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