Auf einen Blick anzeigen, wie viel Energie ein Haus oder eine Wohnung für Heizung und Warmwasserbereitung verbraucht: Das verspricht der Energieausweis. Angesichts der gestiegenen Energiepreise ist das eine Information von wachsender Bedeutung. Schon optisch soll deutlich werden, wo die Immobilie energetisch steht. Die Skala reicht von grün bis rot, von den Effizienzklassen H bis A+.
Wer einen solchen Ausweis braucht
Nicht jeder Eigentümer einer Immobilie muss einen Energieausweis ausstellen lassen. Er ist nur bei einem Eigentümerwechsel oder einer Neuvermietung relevant. Wer sich neu einmieten oder eine Immobilie kaufen will, hat Anspruch auf Einsicht in den Energieausweis. Die Entscheidung für oder gegen einen Kauf oder Mietvertrag beeinflusst der Energieausweis aber in den wenigsten Fällen.
„Kein Wunder, er sagt ja auch kaum etwas über den realen Verbrauch aus“, sagt Marc Förderer vom Bauherren-Schutzbund. „Ein Haus oder eine Wohnung ist kein Kühlschrank, bei dem eine bestimmte Effizienzklasse für konkrete Verbrauchswerte in Kilowattstunden steht.“ Beim Energieausweis ist alles viel komplizierter, Farbskala und Effizienzklassen sind allenfalls eine grobe Orientierung.
Wer das Papier ausstellt
Formal ist aber erst einmal alles einfach: Vermieter oder Verkäufer von Immobilien können wählen, ob sie sich von geschulten Experten einen Verbrauchsausweis oder einen Bedarfsausweis ausstellen lassen. Fachleute finden Interessierte zum Beispiel unter www.energie-effizienz-experten.de. Der Verbrauchsausweis wird oft bei Bestandsimmobilien eingesetzt, wo bereits Verbrauchszahlen gemessen werden konnten. Bei Neubauten ist ein Bedarfsausweis Pflicht, er kann aber auch bei anderen Immobilien verwendet werden.
Was genau berechnet wird
Für die beiden Ausweise gibt es unterschiedliche Berechnungsgrundlagen. Beim Verbrauchsausweis wird der Energiebedarf anhand des tatsächlichen Verbrauchs ermittelt. Am Ende der Rechnung steht eine Angabe in Kilowattstunden pro Quadratmeter Nutzfläche, an der sich dann künftige Nutzer orientieren können. Für den Verbrauchsausweis müssen die Adresse und die Nutzfläche, vor allem aber die Heizkosten- und Verbrauchsabrechnungen aus drei aufeinanderfolgenden Jahren vollständig vorliegen. Dabei darf das Ende dieses Abrechnungszeitraums höchstens 18 Monate zurückliegen.
„Allerdings bildet der Verbrauchsausweis lediglich das Nutzerverhalten der letzten Jahre ab“, gibt Hans Weinreuter, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz zu bedenken. Ob das dem eigenen Verhalten ähnelt, ist unklar. Vielleicht war der Vormieter tagsüber arbeiten und hat die Heizung abends hoch- und morgens runtergedreht. Dann hat er einen viel niedrigeren Verbrauch als ein Rentner oder eine Familie mit Kindern, die tagsüber viel zu Hause sind.
Bei der anderen Berechnungsmethode bleibt dagegen der tatsächliche Verbrauch unberücksichtigt. Dafür rückt das Gebäude in den Vordergrund. Beim Bedarfsausweis ermittelt ein Sachverständiger aus den technischen Daten der Immobilie, wie hoch der Energiebedarf aufgrund ihrer Bauweise ist. In die Berechnung fließen Angaben über Gebäudetyp und Gesamtwohnfläche, Wärmedämmung und die Haustechnik ein. Sogar Klimabedingungen werden berücksichtigt.
Wo der Bescheid vage bleibt
„Allerdings wird dabei in ganz Deutschland ein einheitlicher Wert zugrunde gelegt, der das Wetter in Potsdam abbildet“, sagt Hans Weinreuter. „Das verzerrt das Bild erheblich, denn in den Alpen oder an der rauen See herrschen nun mal andere Wetterbedingungen als in Brandenburg.“ Da Bedarfs- und Verbrauchsausweise häufig deutlich voneinander abweichen, liegt der Wunsch nahe, die Berechnungsgrundlagen mehr an die Realität anzupassen. „Ein Energieausweis, der sowohl den Verbrauch – also das reale Nutzerverhalten – als auch die baulichen Gegebenheiten des Gebäudes sowie die regional unterschiedlichen Wetterbedingungen berücksichtigt, wäre aussagekräftiger“, sagt Corinna Kodim vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland.
Wie man die Angaben verstehen muss
Im Energieausweis werden der Endenergiewert und der Primärenergiewert der Immobilie ausgewiesen. Beide sind wichtige Kennzahlen für Nutzer, aber nicht auf Anhieb zu verstehen. Der Endenergiewert gibt an, wie viel Energie jährlich pro Quadratmeter benötigt wird, um den Wohnraum zu beheizen und mit Warmwasser zu versorgen.
Der Primärenergiekennwert bildet ab, ob und in welchem Maße fossile Brennstoffe oder erneuerbare Energien genutzt werden. Er ergibt sich aus der Multiplikation des Endenergiewertes mit einem sogenannten Primärenergiefaktor.
„Wird das Haus mit regenerativen Energien beheizt, ist der Primärenergiekennwert kleiner als der Endenergiekennwert, denn erneuerbare Energien haben Primärenergiefaktoren, die deutlich unter eins liegen“, sagt Marc Förderer. So wird zum Beispiel der Endenergiewert eines Gebäudes mit Pelletheizung mit einem Faktor von 0,2, der Endenergiewert eines Gebäudes mit Gasheizung jedoch mit einem Faktor von 1,1 multipliziert.
Ein guter Primärenergiewert allein muss aber nicht bedeuten, dass sparsam geheizt wird. So kann ein Haus mit einer Pelletheizung leicht einen guten Primärenergiekennwert erreichen, bei unzureichender Wärmedämmung aber dennoch hohe Energiekosten verursachen. Umgekehrt kann eine moderne Gasheizung in einem gut gedämmten Haus sehr wirtschaftlich arbeiten. „Wichtig ist immer, den End- und den Primärenergiewert im Blick zu behalten“, so Förderer.
Worauf Kunden besonders achten
„Der Energieausweis spielt bisher bei der Entscheidung für oder gegen eine Mietwohnung oder dem Kauf eines Hauses eher eine Nebenrolle“, sagt Corinna Kodim. Er enthält auch keine Informationen über die tatsächlichen Heizkosten der Wohnung oder des Hauses. Das sagten eher die Höhe der Nebenkosten oder die Warmmiete aus.
Angesichts der rasant steigenden Energiekosten beobachte Haus & Grund aber eine zunehmende Nachfrage nach Wohnungen in effizienteren Gebäuden, die zwar teurer seien, in denen die Heizkosten aber in Zukunft beherrschbar blieben.