Neue Spiele für Freunde und Familie

von Redaktion

VON THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

Menschen verhalten sich oft archaisch, wenn es um Gesellschaftsspiele geht. Je voluminöser die Schachtel, in der sie stecken, desto größer die Aufmerksamkeit, die sie erfahren.

Voll verplant

Da wird ein minimalistisches Kleinod wie „Voll verplant“ (Verlag Schmidt Spiele) von Autor Hisashi Hayashi leicht übersehen. 14 Karten, sechs Stifte und vier Sorten U-BahnPläne sind alles, was die kleine Schachtel enthält. Aber das reicht, um bis zu sechs Streckenplaner ab acht Jahren gut zu unterhalten. In der Realität müssen Münchner auf ihre zweite Stammstrecke noch lange warten. Hier können sie selbst für Vollendung oder Scheitern sorgen. Von ungefähr kommt der Titel des Spiels jedenfalls nicht. Ein ganzes U-Bahnnetz aus zehn Linien auf alternativen Plänen von Amsterdam über Berlin bis Paris und Madrid wird hier von den Mitspielern in kaum 20 Minuten simultan verwirklicht. Wie viele Stationen einer Linie pro Zug per Filzstiftstrich gebaut sprich angekreuzt werden, entscheidet eine zufällig aufgedeckte Karte, die für alle gilt. Dabei kreuzen sich Linien nicht nur, sie können sich auch blockieren, wenn man die Kreuze nicht überlegt setzt. Gegen Ende einer Partie verengt sich der Spielraum. Dann ist oft wie im richtigen Leben Notstandsverwaltung angesagt. Fertige Linien geben Pluspunkte. Verwaiste Stationen zählen minus. Auch zu zweit hervorragend spielbar und selbst in der Solovariante nicht reizlos für zwölf Euro.

Die Rote Kathedrale

Ein Kennerspiel für erfahrenere Zocker ab zwölf Jahren ist „Die Rote Kathedrale“ (Kosmos) von Sheila Santos und Israel Cendrero. Vorzugsweise drei oder vier Wohnzimmer-Architekten ab zwölf Jahren bauen hier in etwa eineinhalb Stunden die Moskauer Basilius-Kathedrale. Man vergisst dieser Tage leicht, dass Russland mehr zu bieten hat als Krieg und Gewalt. Die Zweier-Version des Spiels fällt etwas ab. Ein Spielzug ist dabei auf den ersten Blick einfach. Entweder reserviert man sich einen Bauabschnitt der Kathedrale, holt Baumaterial oder verbaut es. Schwierig wird es im Detail, wobei das eigentliche Spiel auf einem Rondell abläuft, wo immer wieder neu geworfene Würfel festlegen, ob man sich gerade Holz, Gold oder anderes Baumaterial sichern kann, wie viel davon und mit welchen Bonusaktionen das korrespondiert.

Wer am Ende am meisten zum Bauwerk beigetragen hat, gewinnt das Spiel über ein Punktesystem, das in der ersten Partie bisweilen Kopfzerbrechen bereitet. Glück spielt dabei eine kleinere Rolle, gute Planung eine größere. Für rund 30 Euro erhält man in einer ebenfalls eher kleinen Schachtel ein großes und anspruchsvolles Spiel.

Auch schon clever

„Auch schon clever“ (Schmidt Spiele) von Wolfgang Warsch ist die Kinderspielversion seines sehr erfolgreichen Würfelspiels „Ganz schön clever“. Es eignet sich für Knirpse ab fünf Jahren und kreist in dieser Variante um das Thema Kindergeburtstag. Statt Punkten zeigen die Würfel dabei Luftballons, Kerzen, Süßigkeiten, Geschenke und Joker-Symbole. Auf seinem Wertungsblatt darf der aktive Spieler die Würfel einer Sorte nutzen und zum Beispiel dort aufgedruckte Süßigkeiten ausstreichen. Das muss in einer vorgegebenen Reihenfolge geschehen, was die Joker mitunter sehr wichtig macht. Übrig gebliebene Würfel können Mitspieler nutzen, falls das möglich ist.

Einige Symbole lösen beim Durchstreichen eine Extra-Aktion aus oder man erhält einen Regenbogenstern. Glück und Pech liegen nahe beieinander. Einmal erklärt ist alles schnell verstanden. Kinder können dann auch unter sich ohne Eltern spielen. Eine Partie endet nach kaum 15 Minuten, sobald jemand eine Symbolsorte komplett ausgestrichen hat. Wer am meisten Regenbogensterne erwürfelt, ist Sieger. Das kleine, aber feine Spiel kostet etwa 14 Euro.

So kleever

„So kleever!“ (Repos/Asmodee) von Francois Romain heißt so ähnlich wie das Würfelspiel für Kinder, ist aber ganz anders und kooperativ. Es wendet sich an bis zu sechs Wortakrobaten ab zehn Jahren. Jeder erhält ein Tableau in Kleeblattform und vier quadratische Stichwortkarten, auf deren Rändern je vier Begriffe aufgedruckt sind. Befestigt man die Karten – für Mitspieler geheim – am eigenen Kleeblatt, ergeben sich am oberen Blattrand vier Wortpaare. Dann überlegt jeder erst einmal, um für die Wortpaare je einen Oberbegriff zu finden. Die notiert man am Kleeblattrand. Für die Kombination „dauerhaft“ und „Dame“ könnte das „Ehefrau“ sein. Wäre es statt „dauerhaft“ aber „Kartoffel“ käme eher „Bäuerin“ infrage. Jetzt werden die vier Stichwortkarten aus dem Kleeblatt gelöst und eine fünfte zufällig gezogen. Diese fünf Karten bekommen nun die Mitspieler zu sehen neben dem Kleeblatt mit den vier Überbegriffen. Jetzt wird diskutiert und kombiniert, gedreht und gepuzzelt. Irgendwann sind sich alle einig und fixieren die Karten am Klee. Dessen Besitzer sagt, ob richtig kombiniert wurde, wofür man Punkte vergeben kann. Aber die sind eigentlich überflüssig. Denn der Spielreiz liegt nicht im Gewinnen, sondern Enträtseln, was pro Partie etwa eine halbe Stunde dauert. Preis 20 Euro.

Scout

Ab 16 Euro ist „Scout“ (Oink Games) für zwei (besser drei) bis fünf Zocker ab neun Jahren von Kej Kajino zu haben. Das ist ein Kartenspiel mit zugegeben aufgesetzt wirkendem Zirkusthema. Dafür holt es aus dem altbekannten Genre Stichspiel unerwartet Neues und Originelles heraus. Das fängt schon bei den Karten selbst an, von denen jede einzelne praktisch zwei verschiedene Zahlenwerte enthält.

Eine grüne Sechs wird um 180 Grad gedreht zum Beispiel zur gelben Sieben. Wobei die Farben egal sind. Was zählt, sind auf- oder absteigende Zahlenfolgen oder mehrere Karten derselben Zahl. Der Clou ist, dass man Karten auf der Hand nicht sortieren, sondern das komplette Blatt nur zu Beginn einer Partie als Ganzes auf den Kopf stellen darf. Auf der Hand für Ordnung sorgt man vielmehr durch das Auslegen von Karten oder das Stibitzen und Einfügen einer Karte aus der Auslage eines Mitspielers.

Wird aus der eigenen Auslage geklaut oder übertrumpft und sticht damit die Auslage eines Mitspieles, gibt das Pluspunkte. Das geht so lange, bis ein Spieler seine letzte Karte spielt oder eine Auslage ein Runde lang nicht übertrumpft werden kann. Am Ende übrige Handkarten zählen minus. Pro Partie gespielt werden so viele Runden wie es Mitspieler sind, was etwa 20 Minuten dauert und irgendwie großer Zirkus ist.

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