Mit Erbbau günstiger wohnen

von Redaktion

VON NICO FLEGEL UND CHRISTOPH JÄNSCH

In Zeiten, in denen Baugrundstücke nicht nur rarer, sondern auch immer teurer werden, kommen für private Bauherrinnen und Bauherren wieder vermehrt Alternativen zum Grundstückskauf in Betracht. Eine davon ist das Erbbaurecht, bei dem die eigene Immobilie auf einem über mehrere Jahrzehnte gepachteten Grundstück errichtet wird. Das Modell bietet Vor- und Nachteile, die Unentschlossene gegeneinander abwägen sollten.

Was ist Erbbaurecht eigentlich?

Die konkrete Ausgestaltung von Erbbaurechten regelt das bundeseinheitliche Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG). Die Grundidee ist einfach: Ein Grundstückseigentümer – oft eine Stadt, Gemeinde, Stiftung, die Kirche oder ein Privatanbieter – verpachtet ein Grundstück an den Bauherrn, den sogenannten Erbbauberechtigten. Dieser entrichtet für die Nutzung des Grundstücks den Erbbauzins und darf im Gegenzug eine Immobilie auf dem Grund des Eigentümers errichten.

Wie lange gilt das Recht denn genau?

Wie lange das Erbbaurecht gilt, regelt der zwischen Eigentümer und Erbbauberechtigten geschlossene Vertrag. In der Praxis sind es oft 99 Jahre. Nach Ablauf dieser Pachtzeit geht das auf dem Grundstück errichtete Gebäude in das Eigentum des Grundstücksbesitzers über. Die Pachtzeit kann danach aber auch verlängert werden.

Kann der Vertrag vorzeitig beendet werden?

Grundsätzlich schützt das Erbbaurechtsgesetz Erbbauberechtigte für die gesamte Pachtdauer, sofern der vereinbarte Zins fristgerecht bezahlt wird. Selbst wenn das Grundstück zwangsversteigert wird, bleiben das Erbbaurecht und die errichtete Immobilie davon unberührt, sagt die Rechtsanwältin Natalie Kaestner von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein. Erfüllen Erbbauberechtigte die festgelegten vertraglichen Verpflichtungen aber nicht, kann der Grundstückseigentümer vor Ablauf der vereinbarten Zeit vom sogenannten Heimfallanspruch Gebrauch machen. „Der Grundstückseigentümer kann dann die Übertragung des Erbbaurechts auf sich und die Herausgabe des Grundstücks verlangen“, sagt Rechtsanwältin Kaestner. Das kann zum Beispiel beim Zahlungsverzug von mindestens zwei Jahresbeträgen des Erbbauzinses der Fall sein.

Welche Vorteile bietet das Erbbaurecht Bauherren?

Der Vorteil eines Erbbaurechts für Bauherren liegt auf der Hand: Denn der Erwerb und die damit verbundene Finanzierung eines eigenen Baugrundstücks fallen weg. Bauen wird dadurch also deutlich günstiger. Bauherren, die über die Alternative Erbbaurecht nachdenken, sollten im Einzelfall vergleichen, ob sie das Erbbaurecht günstiger kommt als die Finanzierung eines eigenen Grundstücks, rät die Verbraucherzentrale Bayern.

Können Bauherren frei über den Grund verfügen?

Erbbauberechtigte können frei über das Grundstück verfügen, sofern sie es nicht etwa verwahrlosen lassen. Die Gestaltung oder Bepflanzung kann oft selbst bestimmt werden. Die genauen Konditionen werden aber – wie bei anderen Verträgen auch – frei zwischen Grundstückseigentümern und Pachtnehmern vereinbart. Dabei hingen die Vereinbarungen stark von den Wünschen der Vertragsparteien ab, sagt Jörg Kosziol, Vorstand des Münchner Bauvereins. Je größer allerdings der Wunsch nach Flexibilität, desto eher sei die Finanzierung dem Erbbaurecht vorzuziehen.

Was sind die Tücken des Erbbaurechtes?

Zum Beispiel, dass das Erbbaurecht nach der vereinbarten Zeit erlischt und Grundstück sowie die darauf errichtete Immobilie in die Verfügungsgewalt und den Besitz des Eigentümers übergehen. Zwar ist letzterer verpflichtet, den bisherigen Erbbauberechtigten für die Übernahme der Immobilie zu entschädigen. Allerdings muss er ihnen nicht mehr als zwei Drittel des Verkehrswertes der Immobilie bezahlen. Insbesondere in Ballungsgebieten kann das – im Vergleich zu einer herkömmlichen Immobilienveräußerung – zu spürbaren Einbußen beim Verkaufspreis führen, heißt es von der Verbraucherzentrale Bayern. Das wüssten auch die Banken und böten bei Erbbaurechten darum tendenziell schlechtere Finanzierungskonditionen an. Dabei gilt: Je kürzer die Restlaufzeit des Erbbaurechts, desto weiter geht bei den Banken die Finanzierungsbereitschaft zurück und desto höher ist der Zins.

Was, wenn die Immobilie verkauft werden soll?

Erbpachtnehmer hätten als Eigentümer der Immobilie zwar grundsätzlich die alleinige Verfügungsgewalt über das Gebäude, sagt Jörg Kosziol. Entscheiden sie sich aber für einen Verkauf, mindert das auf dem Grundstück lastende Erbbaurecht den Verkaufswert in der Regel erheblich. Erbbaurechte werden anhand der Vorgaben des Bewertungsgesetzes mit festen Abzinsungsfaktoren über die Restlaufzeit bewertet.

Kann der Erbbauzins erhöht werden?

Der Erbbauzins kann auch während der Laufzeit erhöht werden. Deshalb rät Merten Larisch von der Verbraucherzentrale Bayern selbst dann zur Vorsicht, wenn der Traum vom Eigenheim nur mithilfe eines Erbbaurechts greifbar scheint. Ob das Erbbaurecht also wirklich eine Alternative zum Kauf eines Grundstücks darstellt, muss jeder im Einzelfall für sich bewerten.

Artikel 2 von 4