Die neue steuerliche Bewertung von Immobilien hat gravierende Folgen für künftige Erben: In vielen Fällen werden Erbschaft- und Schenkungsteuer erheblich höher. Doch es gibt Abhilfe, denn mit gut geplanten Schenkungen lassen sich Zahlungen ganz vermeiden.
Das ist neu
Das Bewertungsverfahren von Immobilien, das als Grundlage zur Berechnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer gilt, wurde zum 1. Januar 2023 angepasst. „Das Gesetz sieht vor, dass Immobilien möglichst auf Marktniveau bewertet werden“, sagt Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler. Hier gab es Nachbesserungsbedarf, denn die Immobilienpreise sind in den vergangenen Jahren vor allem in den Ballungsgebieten enorm gestiegen. Erben, die eine Immobilie verkaufen, erzielen heute ein Vielfaches an Gewinn.
Das sind die Folgen
„Die Bemessungsgrundlage zur Steuerberechnung wurde geändert, nicht aber die Freibeträge“, kritisiert die Steuerexpertin. Deshalb fordert der Bund der Steuerzahler auch eine Anpassung der Freibeträge. Diese sind jetzt schneller ausgeschöpft, sodass künftige Erben in vielen Fällen erheblich mehr Erbschaft- oder Schenkungsteuer bezahlen müssen. Experten gehen davon aus, dass eine Steigerung der Steuerbeträge um 20 bis 30 Prozent zu erwarten ist. Ende vergangenen Jahres haben Immobilieneigentümer deshalb den Notaren förmlich die Tür eingerannt, um ihre Immobilie noch schnell zu den günstigeren Konditionen an die Nachkommen zu übertragen. Doch es gibt auch jetzt noch Auswege: Mit cleveren Strategien lassen sich Immobilien sogar steuerfrei übertragen.
Schenkungen
Anstatt Vermögen nach dem Tod zu vererben, kann es schon zu Lebzeiten verschenkt werden. „Steuerlich wird vererben und verschenken gleich behandelt, es gelten dieselben Freibeträge und Steuerklassen“, sagt Karbe-Geßler. So können Eheleute und Lebenspartner 500 000 Euro steuerfrei erben, Kinder 400 000 Euro (siehe Tabelle). Einen gravierenden Unterschied gibt es aber: „Die Freibeträge bei Schenkungen lassen sich mehrfach nutzen. Alle zehn Jahre kann ein Wert in Höhe des Freibetrags steuerfrei verschenkt werden“, sagt Nazanin Reißler, Fachanwältin für Erbrecht in München. Das heißt bei der Immobilienübertragung: Möglichst früh damit anfangen.
Schenkungen lassen sich notfalls auch rückgängig machen, zum Beispiel dann, wenn der Schenker selbst verarmt. Das schreibt das Gesetz vor. Der Fall der Verarmung tritt ein, wenn gesetzliche Unterhaltspflichten nicht mehr erfüllt werden können oder Sozialhilfe beantragt werden muss. Liegt die Schenkung länger als zehn Jahre zurück, kann sie von Gesetzes wegen nicht mehr wegen Verarmung revidiert werden. Wohl aber kann man sich per Klausel ein längeres Rückforderungsrecht sichern.
Pflichtteil
Mit Schenkungen lassen sich auch Pflichtteils-Ansprüche reduzieren – was etwa dann gewünscht sein kann, wenn manche Familienmitglieder mehr bekommen sollen als andere. Grundsätzlich kann über eine Schenkung ein Teil des Vermögens ausgegliedert werden, wie Rechtanwältin Reißler erklärt. Pflichtteile können sogar ganz vermieden werden, wenn alle Vermögenswerte rechtzeitig per Schenkung übertragen wurden. Rechtzeitig heißt zehn Jahre müssen verstreichen, damit die Schenkung in Gänze wirksam ist. Vorher können sogenannte Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend gemacht werden.
Strategien
Ein Haus im Wert von 1,2 Millionen Euro lässt sich innerhalb von 20 Jahren in drei Etappen von je 400 000 Euro an Sohn oder Tochter steuerfrei übertragen: Die erste Übertragung kann beispielsweise am 1. Mai 2023 stattfinden, die zweite zehn Jahre später am 1. Mai 2033 und die dritte am 1. Mai 2043. Was viele nicht wissen: „Gehört das Haus beiden Elternteilen, kann ein Kind auch in einem Schritt 800 000 Euro steuerfrei erwerben, nämlich von jedem Elternteil 400 000 Euro“, sagt Reißler.
Ebenso unbekannt ist vielen, dass die Schenkung einer selbstbewohnten Immobilie an den Ehepartner als Familienheim immer steuerfrei ist, egal wie viel Haus oder Wohnung wert sind. Auch eine Schenkung über Umwege kann sinnvoll sein: Von der 1,2 Millionen-Euro-Villa überträgt die Mutter als Eigentümerin der Tochter einen Immobilienwert von 400 000 Euro, ihrem Ehemann ebenso. Nach zehn Jahren kann die Tochter von beiden Elternteilen je 400 000 Euro erben und hat somit das komplette Haus steuerfrei erhalten.
Wohnrecht und Nießbrauchrecht
In einem Schenkungsvertrag, der vom Notar beurkundet werden muss, können Klauseln verankert werden, die die Interessen des Schenkenden schützen. Zwei der wichtigsten sind dabei das lebenslange Wohnrecht oder das Nießbrauchrecht. „Ein Nießbrauch wirkt sich steuerlich günstig aus, denn er wird bei Berechnung der Erbschaftsteuer kapitalisiert und vom Wert der Immobilie abgezogen. „Je jünger der Schenkende ist, desto höher wird das Nießbrauchrecht bewertet“, sagt Reißler.
Aber Vorsicht: Wer mit einer Schenkung beabsichtigt, den Pflichtteilsanspruch anderer Erbberechtigter zu schmälern, sollte auf den Nießbrauchsvorbehalt verzichten. Denn dann beginnt die Zehnjahresfrist nicht zu laufen. Pflichtteilsansprüche bleiben bestehen.
Mehr Informationen
Das Dossier zum Thema gibt es unter der Fax-Abrufnummer 09001/25 26 65 50 (1 Minute = 0,62 Euro) bis 6. April. Oder senden Sie einen mit 1,00 Euro frankierten und adressierten Rückumschlag plus 1,60 Euro in Briefmarken unter dem Stichwort „Immobilien verschenken“ an: Biallo, Bahnhofstr. 25, 86938 Schondorf, E-Mail: ratgeber@biallo.de.