Nach dem neuen Jahreshöchststand in der Vorwoche gaben die deutschen Aktienmärkte mangels neuer Impulse in der abgelaufenen Handelswoche wieder nach – und das bis zum Wochenende sogar spürbar. Das lag unter anderem daran, dass auch die deutsch-chinesischen Wirtschaftsgespräche in dieser Woche keine greifbaren Ergebnisse brachten. Die China-Risiken für die deutsche Wirtschaft schwelen also unterschwellig weiter. Viele kurzfristig orientierte Investoren nahmen auch deshalb erst einmal Gewinne an den Aktienmärkten mit.
Der Hauptgrund für den Kursrückgang war aber vor allem auf neue Warnzeichen aus dem Lager der Notenbanken zurückzuführen. Sowohl die US-Notenbank Fed als auch die Europäische Zentralbank (EZB) deuteten an, dass weitere Zinssteigerungen nötig sein könnten, um die hartnäckige Inflation in den Griff zu bekommen. Insgeheim hatte man bis vor Kurzem an den Börsen gehofft, dass ein Ende der Zinsanhebungen schon bald bevorstehen könnte, denn höhere Zinsen belasten die Aktienmärkte tendenziell. Zwar sinken die Inflationsraten in diesem Jahr voraussichtlich von Monat zu Monat weiter. Dies ist jedoch hauptsächlich dem „Durchwirken“ der wieder normalisierten Preise für Energie und Vorprodukte zu verdanken. Wenn diese Wirkung Ende des Jahres gestoppt wird, könnte die Inflation angesichts hoher Lohnabschlüsse wieder anziehen.
Wie sehr sich die Teuerung verfestigen kann, zeigten neue Inflationszahlen aus dem Vereinigten Königreich, die über den Erwartungen lagen. Diese neuen Zinsperspektiven müssen die Aktienmärkte erst einmal verarbeiten. Dabei stehen nicht mehr so sehr die Zinserhöhungen selber im Vordergrund, sondern ihre Wirkungen auf die Konjunktur. Sollten sich diese in den kommenden Wochen als weiterhin relativ stabil erweisen, könnten die Märkte schnell wieder nach oben drehen. Die Perspektiven möglicherweise weiter steigender Zinsen setzt übrigens auch den Goldpreis unter Druck. Seit Anfang Mai ist er um sechs Prozent gefallen.
Doch was wird die Anleger in den nächsten Tagen bewegen? Die Daten-Highlights der kommenden Woche stammen aus Deutschland. Mit dem immer viel beachteten Geschäftsklimaindex des Münchner ifo-Instituts wird am Montag der neueste Stimmungsbericht aus der deutschen Wirtschaft gemeldet. Es läuft nicht rund in Deutschland. Zwar belebt sich die Konsumnachfrage perspektivisch durch die sinkende Inflation und schneller steigende Löhne. Für die Unternehmen ist Letzteres jedoch eine Belastung. Zudem scheint entgegen vieler Erwartungen der Zinsgipfel noch nicht erreicht zu sein. Wahrscheinlich ergibt sich ein zweiter deutlicher Rückgang des ifo-Geschäftsklimas im Juni. Die deutschen Verbraucherpreise dagegen sind weiterhin auf dem Rückzug. Die schlimmsten Preissteigerungen liegen zwar hinter uns, bis die Inflation jedoch vollständig ausgetrieben sein wird, ist noch ein langer Atem notwendig.