Bei Unfällen ohne Personenschaden muss nicht unbedingt die Polizei kommen. Am wichtigsten ist, den Unfallhergang zu dokumentieren und die Straße frei zu machen. © FrankHoermann/SVEN SIMON
Wer mit dem Auto täglich zur Arbeit pendelt, kennt diese Szene: Am Autobahnende geht es teils über Kilometer nur in Schrittgeschwindigkeit dahin, weil wegen eines Unfalls zwei Spuren blockiert sind. Dort stehen die beiden Unfallbeteiligten, diskutieren und warten auf die Polizei. Fährt man an den Unfallfahrzeugen vorbei, die unverändert mitten auf den Spuren stehen, sieht man aber: Die Autos sind voll fahrtauglich, bis auf einen Blechschaden ist nichts passiert. Muss man den Unfallort möglichst unverändert lassen, damit die Polizei den Unfallhergang für die Versicherung rekonstruieren kann? Oder sollte man zur Seite fahren? Und braucht man die Polizei für die Versicherung überhaupt? Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Bagatellschäden im Straßenverkehr.
Darf man nach einem Unfall zur Seite fahren?
Sind die Fahrzeuge trotz Unfall fahrtüchtig, muss man die Straße sogar möglichst schnell wieder für den Verkehr frei machen. „Nach einen Verkehrsunfall hat, wer daran beteiligt ist, den Verkehr zu sichern und bei geringfügigem Schaden unverzüglich beiseite zu fahren“, steht in Paragraf 34 der Straßenverkehrsordnung. Daten tauschen, Unfallhergang klären, Protokoll schreiben, gegebenenfalls Polizei verständigen: Das alles kann man tun, nachdem man auf den Seitenstreifen oder eine nahe Ausweichstelle gewechselt ist. Lediglich ein paar Fotos vom Unfall sollte man machen, allerdings bitte mit Warnweste und durch Warndreieck gesicherte Unfallstelle. Auch Teile oder Scherben muss man selbst aufsammeln. Dann heißt es, Straße räumen. „Spätestens wenn die Polizei vor Ort ist, fordern wir die Unfallparteien in so einem Fall ohnehin dazu auf, die Fahrbahn freizumachen“, erklärt Saskia Peters von der Polizei München. „Bei Kleinunfällen ist es nicht entscheidend, wo die Unfallaufnahme stattfindet.“
Muss man für die Versicherung die Polizei holen?
Bei Kleinunfällen ohne Verletzte muss man die Polizei anders als viele glauben nicht verständigen, sagt Polizeiobermeisterin Saskia Peters. Das bestätigt auch Ulrike Schulz vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), der die Versicherer vertritt.
„Die Polizei sollte allerdings immer dann gerufen werden, wenn Alkohol oder Drogen im Spiel sind, Personen verletzt wurden, der Unfall vermutlich vorgetäuscht wurde oder der Unfallhergang strittig ist.“ Holt man die Polizei, sollte man klar angeben, ob man Krankenwagen und Feuerwehr braucht oder nicht, damit die Einsatzkräfte nicht umsonst anrücken. Was die Polizei aber nicht tut: Die Schuldfrage klären. „Das ist ein zivilrechtlicher Vorgang und obliegt den Versicherungen“, sagt Polizeiobermeisterin Peters.
Stellen sich Versicherer ohne Polizeibericht quer?
Konkrete Zahlen dazu gebe es nicht, sagt der GDV. Er beteuert aber: „Die Schadenregulierung in der Kfz-Versicherung verläuft im Allgemeinen reibungslos.“ Eine Nachfrage beim Bund der Versicherten nach entsprechenden Streitfällen ergibt zumindest nichts Gegenteiliges. „Uns sind keine Fälle bekannt, in denen der Versicherer die Schadenregulierung verweigert hat, wenn die Schuldfrage eindeutig war“, sagt eine Sprecherin.
Zudem sähen manche Versicherungsbedingungen sogar vor, dass bei Bagatellschäden der Versicherer nicht mehr in Kenntnis gesetzt werden muss, wenn der Versicherungsnehmer den Schaden selber bezahlen möchte.
Wie nimmt man einen Unfall selbst auf?
Nachdem auf der Fahrbahn erste Fotos von der Unfallsituation gemacht wurden und man die Fahrbahn geräumt hat, fängt die eigentlich Arbeit an. Zunächst sollte man die Daten der Beteiligten festhalten – mit Kennzeichen aller Fahrzeuge, Namen und Adressen der Beteiligten, Versicherung und Versicherungsnummer der Unfallgegner, Namen und Adressen von Zeugen. „Am besten von allen den Ausweis zeigen lassen“, rät Saskia Schulz vom GDV. Anschließend sollte man den Unfallhergang in einem Protokoll dokumentieren, eine Skizze anfertigen und die Schäden aufnehmen, am besten ebenfalls mit Fotos. Bei all dem helfe der europäische Unfallbericht, so Saskia Peters von der Polizei. Das ist ein europaweit standardisiertes Formular zur Dokumentation von Unfällen, das man zum Beispiel auf der Seite des ADAC herunterladen kann. Tipp: Ausdrucken und in mehrfacher Ausführung samt einem Stift ins Auto legen. „Dann vergisst man keine Daten und hat auch gleich Durchschläge für Unfallgegner und Versicherung.“ Wichtig: Unterschriften nicht vergessen.
Was muss man sonst noch wissen?
Um den Unfallschaden schnell bezahlt zu bekommen, sollten sich Geschädigte direkt an die Haftpflicht des Unfallgegners wenden, rät Ulrike Schulz vom GDV. „Es muss nicht darauf gewartet werden, bis dieser den Schaden selbst meldet.“ Ebenfalls wichtig: Die eher lockeren Regeln oben gelten nur, wenn niemand verletzt wurde. Gibt es Verletzte, leistet man gegebenenfalls erste Hilfe und benachrichtigt Krankenwagen und Polizei. Ob und wie die Fahrzeuge auf der Fahrbahn stehen, ist dann zweitrangig – zumal man bei heftigen Unfällen sowieso meist einen Abschleppwagen braucht.