Es geht auch ohne Erbschein

von Redaktion

Ein notarielles Testament kann eine Alternative zum Erbschein sein. Zusammen mit der Eröffnungsniederschrift des Nachlassgerichts kann es als Nachweis dienen. © Andrea Warnecke, dpa

Bei einem Todesfall in der Familie spielen Dokumente eine wichtige Rolle. Eines davon ist der Erbschein. Wir erklären, wann das Dokument von Bedeutung ist.

■ Erbschein

Kommt es zum Todesfall, müssen die Angehörige viele Dinge regeln. Diese Urkunde dient unter anderem als Nachweis, wer Erbe ist. Das ist dann von Bedeutung, wenn Erben nach dem Tod des Erblassers zum Beispiel schnell Zugriff auf dessen Bankkonto benötigen, um eine Bestattung zu bezahlen, wenn sie dessen Mietvertrag auflösen oder Versicherungen schnellstmöglich kündigen wollen. Der Erbschein legitimiert zum Handeln.

Ein Erbschein ist damit eines der wichtigsten Dokumente für Erben, da die Urkunde Erben meist erst handlungsfähig macht. Banken, Vermieter, Geschäftspartner oder Grundbuchamt verlangen es in der Regel, wenn Geschäfte des Verstorbenen zu regeln sind. „Wer einen Erbschein beantragt, nimmt damit automatisch die Erbschaft an – auch eventuelle Schulden“, sagt Gesa Modersohn, Rechtsanwältin der Kanzlei Rose & Partner aus Hamburg.

■ Nachteile

„Einen Erbschein zu beantragen, kostet Zeit und Geld“, sagt Modersohn. Die Nachlassgerichte brauchen oft Wochen oder gar Monate, bis ein Erbschein ausgestellt ist. „In dieser Zeit ist Stillstand“, weiß die Anwältin. Erben können häufig nicht auf ein Bankkonto zugreifen, um eine Bestattung zu bezahlen, eine Immobilie zu verkaufen, einen Eintrag beim Grundbuchamt zu ändern oder Verträge zu kündigen.

Außerdem kann ein Erbschein teuer werden. Die Gebühren richten sich nach dem Nachlasswert. Gehört eine Immobilie zur Erbschaft, treibt das die Kosten in die Höhe. Bei einem Nachlasswert von 500000 Euro kostet ein Erbschein samt eidesstattlicher Versicherung, die Antragssteller abgeben müssen, 1870 Euro. Bei einer Million Euro Nachlasswert sind es bereits 3470 Euro und bei fünf Millionen Euro fallen sogar 16270 Euro für den Erbschein an.

■ Testament

Ein notarielles Testament, also eines, das ein Notar beurkundet hat, kann eine Alternative zum Erbschein sein. Nur zusammen mit der Eröffnungsniederschrift des Nachlassgerichts dient es als Nachweis. Ein solches Testament wird häufig auch vom Grundbuchamt akzeptiert.

„Voraussetzung ist, dass aus dem Testament klar die Erbfolge hervorgeht“, sagt Modersohn. Wenn Erben nicht genau benannt sind oder ein Testament verschieden ausgelegt werden kann, kommen Erben meist doch nicht um einen Erbschein herum. Denn im Erbscheinverfahren, das das Nachlassgericht einleitet, werden solche Ungereimtheiten geklärt.

■ Vorsorgevollmacht

„Ein notarielles Testament sollte immer mit einer notariellen Vorsorgevollmacht, die über den Tod hinaus gilt, kombiniert werden“, rät Modersohn. Denn auch auf die Eröffnung des notariellen Testaments müsse man zuweilen lange warten. Die Vollmacht bewirkt, dass die bevollmächtigte Person umgehend als Rechtsnachfolger des Verstorbenen agieren kann. Im besten Fall ist die bevollmächtigte Person auch Erbe. Ist das nicht der Fall, dann müssen Bevollmächtigte im Auftrag der Erben handeln.

■ Sonderfall Banken

In vielen Fällen reicht auch eine notarielle Vorsorgevollmacht allein aus, um für den Verstorbenen zu agieren. So müssen beispielsweise Banken eine solche akzeptieren, sofern sie ordnungsgemäß erstellt wurde und auch zu Bankgeschäften bevollmächtigt. Auch ein privat verfasstes Testament samt Eröffnungsniederschrift müssen sie akzeptieren, sofern die Erbfolge daraus eindeutig hervorgeht.

Jedoch bestehen Banken häufig auf einen Erbschein und verweisen auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). „Das ist meist nicht erlaubt“, sagt Modersohn. Allerdings will man als Erbe kaum eine Auseinandersetzung mit der Bank durchfechten. Deshalb sollten Erblasser vorsorgen und noch zu Lebzeiten einer Vertrauensperson bei der Bank eine Bankvollmacht erteilen.

■ Erbschein beantragen

Wer um den Erbschein nicht herumkommt, muss ihn beim Nachlassgericht beantragen, das zum Amtsgericht gehört. Dazu muss man persönlich vor dem Nachlassgericht erscheinen, an dem der Verstorbene seinen letzten Wohnort hatte. Da der Antrag komplex ist – beispielsweise sind alle Miterben anzugeben, was bei weit verzweigten Familien oder Patchworkfamilien schwierig werden kann – rät Modersohn dazu, einen Notar damit zu beauftragen. Der erledigt alles und man muss nicht vor Gericht erscheinen. Die Gebühren sind gleich hoch, beim Notar kommt allerdings die Mehrwertsteuer hinzu.

■ Dokumente und Kosten

Gericht und Notar verlangen Dokumente, die die Erbfolge bestätigen: Sterbeurkunde, Geburts- und Heiratsurkunden sowie ein Testament sind relevant. Gibt es mehrere Erben, die eine Erbengemeinschaft bilden, genügt es, wenn einer davon einen Erbschein beantragt. Um den Nachlasswert zu ermitteln, müssen Erben ein Nachlassverzeichnis vorlegen. Vordrucke gibt es meist bei den Gerichten oder beim Notar. Bei Immobilienwerten genügt eine realistische Schätzung.

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