Carla M.: „Meine Mutter wird 90 Jahre alt. Mein Bruder ist 2011 in unser Elternhaus gezogen, da es unserer Mutter zu groß war. Meine Mutter ist in die Eigentumswohnung meines Bruders gezogen. Dass mein Bruder das Haus quasi überschrieben bekommen hat, wurde uns erst kürzlich bekannt. Angesprochen, sagte mein Bruder nur, dass mich das nichts angehe, außerdem sei alles schon über zehn Jahre her. Meine Mutter kann sich nur so weit äußern, dass Sie mir ein Testament in die Hand gedrückt hat, worin ich als Alleinerbin die von ihr bewohnte und auch im Grundbuch eingetragene Eigentumswohnung bekomme. Mein Bruder meinte, wenn ich einen Rechtsstreit möchte, dann fordert er beim Todesfall meiner Mutter noch den Pflichtteil der Eigentumswohnung ein, sodass ein Verkauf dann unmöglich würde. Ist so die Rechtslage?“
Lassen Sie sich nicht einschüchtern!
Bei dem im Jahre 2011 vorgenommenen Tausch – Haus gegen Eigentumswohnung – dürfte das Haus wohl werthaltiger gewesen sein als die Wohnung, sodass dieser Vertrag neben dem Tausch auch eine Teilschenkung an Ihren Bruder enthält. Um dies zu klären, sollten Sie sich den Notarvertrag von Ihrer Mutter geben lassen. Darin ist sicher geregelt, ob überhaupt, und wenn, in welcher Weise, der Wert der Teilschenkung, die Ihr Bruder damals erhalten hat, auf seinen späteren Erb- und Pflichtteil am Nachlass der Schenkerin anzurechnen ist.
Lassen Sie sich von Ihrem Bruder auf keinen Fall einschüchtern. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Tauschvertrag die Klausel enthält, dass sich Ihr Bruder die Schenkung auf seinen Pflichtteil nach dem Ableben der Mutter anrechnen lassen muss. Wenn vertraglich keine solche Anrechnung angeordnet ist, sollten Sie Ihre Mutter bitten, Ihnen die Eigentumswohnung – statt zu vererben – unter Vorbehalt eines Wohnungsrechts lebzeitig schenkungsweise zu überlassen. Denn dann stünde Ihrem Bruder bestenfalls ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu, der für ihn den Nachteil hat, dass auf diesen Anspruch alle Zuwendungen, also auch solche ohne ausdrückliche Anrechnungsverfügung, angerechnet werden. Man spricht in diesen Fällen von der „Flucht in die Pflichtteilsergänzung“.
Im Übrigen sind Sie als künftige Alleinerbin nicht an einem Verkauf der Wohnung Ihrer Mutter gehindert, selbst wenn Ihrem Bruder ein Pflichtteil zustünde.
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