LESER FRAGEN – EXPERTEN ANTWORTEN

von Redaktion

Gerda F.: „Im Mai 2024 ist unsere Großmutter gestorben. Unser Vater hat das überschuldete Erbe ausgeschlagen. Vom Gericht wurde ein Nachlasspfleger eingesetzt, der uns drei Enkel angeschrieben hat. Wir leben in Deutschland, in den Philippinen und den USA. Wir haben dem Nachlasspfleger sofort per Mail mitgeteilt, dass wir das Erbe ausschlagen wollen. Dieser informierte uns, dass wir das Erbe persönlich bei Gericht oder im entsprechenden Konsulat ausschlagen müssten, allerdings würden wir eine gerichtliche Benachrichtigung erhalten, die Ausschlagungsfrist beginne erst mit Zustellung, von daher hätten wir vorerst nichts zu befürchten. Das war wie gesagt im Mai 2024. Nur einer von uns, die Enkelin in den USA, hat bislang vom Gericht eine Benachrichtigung über das Erbe bekommen. Vorsorglich haben wir alle drei noch einmal persönlich vor Gericht das Erbe förmlich ausgeschlagen. Gilt das jetzt? Was können wir noch tun?“

Wie kann ich das Erbe ausschlagen?

Da Ihr Vater das Erbe nach seiner Mutter ausgeschlagen hat, fällt bei gesetzlicher Erbfolge das Erbe an die Enkel. Es wird unterstellt, dass Ihre Großmutter kein Testament errichtet hatte und mithin die gesetzliche Erbfolge zum Zug kommt. Die Erbausschlagung kann beim Nachlassgericht persönlich erklärt werden oder durch einen Notar in notariell beglaubigter Form übermittelt werden. Eine schriftliche Ausschlagungserklärung ohne notarielle Beglaubigung der Unterschrift genügt nicht. Zwischenzeitlich haben Sie aber offensichtlich die Ausschlagung persönlich vor dem Nachlassgericht erklärt. Das Nachlassgericht ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk Ihre Großmutter ihren letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte. Die Ausschlagung kann aber auch beim Nachlassgericht am Wohnsitz des Erben erklärt werden. Die Frist für die Erbausschlagung beträgt sechs Wochen. Hält sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland auf, beträgt die Frist sechs Monate. Die Frist beginnt, sobald der Erbe Kenntnis vom Tod des Erblassers und seiner Berufung zum Erben hat. „Die Kenntnis muss nicht vom Nachlassgericht übermittelt werden. Grundsätzlich kommt jede Informationsquelle in Betracht (OLG Celle Az: 6 W 142/24). Wurde Ihnen durch das Schreiben des Nachlasspflegers übermittelt, dass Ihre Großmutter verstorben ist, diese kein Testament hinterlassen hatte, Ihr Vater das Erbe ausgeschlagen hat und nun Sie und Ihre Geschwister die Großmutter beerben, kann dies grundsätzlich ausreichend für Ihre Kenntnis sein. Zumal Sie offensichtlich „sofort per Mail“ die Ausschlagung mitteilten. Falls Sie nun innerhalb der Frist von sechs Wochen nach Erhalt des Schreibens des Nachlasspflegers bei Gericht persönlich das Erbe ausgeschlagen haben, hätten Sie demzufolge grundsätzlich die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Da Sie vom Nachlassgericht aber keine Mitteilung erhalten, ob Ihre Ausschlagung fristgerecht war, sollten Sie Ihre Fristeinhaltung unverzüglich überprüfen, um eventuell bei Verfristung eine Anfechtung (innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes) vorzunehmen.

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