Haag – Die Marktgemeinde veranstaltet auf ihrer neuen Kulturbühne im Schlosshof ein Karl-Valentin-Theaterfestival. Star des Gastspiels des Valentin-Karlstadt-Theaters München ist ein Haager: der Schauspieler Hansi Anzenberger. Im Interview erläutert er, was es heißt, „dahoam“ zu spielen und den berühmten Komiker Karl Valentin zu verkörpern.
Was ist das für ein Gefühl, als Haager Schauspieler daheim unterm Schlossturm zu spielen?
Das ist schon sehr aufregend. Ich hab ja schon einige Male in Haag gespielt, aber im Schlosshof ist es schon noch einmal sehr besonders. Immerhin hab ich vor ein paar Jahren mal die Laudatio zur Schlossturm-Eröffnung nach der Restaurierung halten und mit einem improvisierten Jodler das Flair testen dürfen. Ich werde natürlich auch die meisten Gesichter im Publikum kennen, das treibt das Adrenalin etwas nach oben!
Sie verkörpern als Schauspieler den berühmtem Karl Valentin. Können Sie mit ihm und seinem Humor etwas anfangen?
Und wie! Ich kenne Karl Valentin sehr gut. Ich kann wirklich sagen, dass ich sein komplettes Werk gelesen habe und das ist nicht wenig. Für eine Lesung über sein Leben, die ich auch immer noch halte, habe ich mich sehr genau über ihn informiert, aber auch vorher kannte ich ihn schon. Ich glaube, kaum ein Bayer kommt an Karl Valentin vorbei. Schon als Kind habe ich immer mal wieder Zitate von meinem Vater und Opa gehört, die von Valentin waren und meinen Humor geprägt haben. Die Person Karl Valentin ist natürlich etwas schwierig, er war ja nicht nur lustig und unterhaltsam, sondern auch teils sehr anstrengend und zu Frauen ja auch nicht immer nur nett… Liesl Karlstadt war nicht seine einzige Geliebte und daheim hatte er ja noch eine Frau und zwei Kinder. Aber künstlerisch ist er für mich das Beste, was Bayern hervorgebracht hat. Alles, was Loriot, Otto oder Heinz Erhardt gemacht haben, war bei ihm schon da und zwar in einer Natürlichkeit, die man heutzutage lange suchen muss. Natürlich sind die Zeiten grade ganz anders, aber lachen wollen die Leute ja immer und das hat er wirklich geschafft, dass er die Zuschauer ablenken und mit in eine andere Welt nehmen konnte. Er ist also schon eine Art Vorbild für mich, künstlerisch, nicht sein Privatleben betreffend…
Wie haben Sie die Zwangspause während der Pandemie überstanden?
Also überstanden habe ich die Pause ganz gut, sonst wär ich ja nicht mehr hier… Anfangs habe ich eine kleine Auszeit auch noch genossen. Aber es wurde immer anstrengender, da ich auch das Internet für Auftritte das falsche Medium finde. Das hat mir überhaupt keinen Spaß gemacht, da man mit dem Publikum einfach gar nicht interagieren kann. Hin und wieder habe ich zwar Sachen geprobt, aber bei mir wurden insgesamt fast 150 Vorstellungen abgesagt und verschoben. Dann fragt man sich irgendwann nach dem Sinn des Probens, wenn man weiß, dass man nicht so schnell vor Publikum spielen wird. Deshalb war es natürlich eine Offenbarung, als ich im Juli in Bad Hersfeld mit Tränen in den Augen – obwohl es eine Komödie war – endlich wieder vor echten Leuten spielen durfte. Da merkte ich, dass ich diesen Beruf unbedingt bis ans Lebensende machen will und dass wir Künstler unbedingt das Publikum brauchen!
Schauen Sie mit großer Sorge Richtung Herbst? Schließlich wird bereits vor einer weiteren Corona-Welle gewarnt.
Ich war eigentlich nie ein pessimistischer Mensch und will natürlich am liebsten genau so weitermachen, wie es davor war, aber da bin ich jetzt doch zum Realisten geworden und sehe, dass es wohl noch sehr lange dauern wird, bis ein Zuschauerraum wieder voll gefüllt sein wird.
Sie spielen auch in Fernsehproduktionen mit. Was bedeutet Ihnen mehr: Bühne oder TV?
Ganz klar: Bühne! Mich interessiert eben der Austausch zwischen Schauspieler und Publikum und das erlebt man im TV einfach gar nicht. Es sind zwei völlig verschiedene Arten, zu spielen, und ich liebe das Gefühl, auf einer Bühne zu stehen, jeden Abend etwas anderes zu erleben und direkten Kontakt zu den Zuschauern zu haben. Das ist für mich die Magie des Theaters.
Was erwartet die Besucher in Haag?
Am ersten Wochenende spielen wir „Die Orchesterprobe“, bei der ich als Karl Valentin den Dirigenten in den Wahnsinn treibe. Ich darf gefühlt 20 Instrumente spielen und ein kleines Orchester unter der Leitung von Christian Auer, der vor Kurzem ein Austro-Pop-Programm im Schlosshof machte, ist mit dabei. Ich spiele auch Klarinette, was wir natürlich mit eingebaut haben. Am zweiten Wochenende gibt es meine Premiere mit den drei Einaktern „Der verhexte Scheinwerfer“, „Der Firmling“ und „Der Theaterbesuch“, bei denen ich völlig verschiedene Figuren spiele und immer wieder begeistert bin, was es alles an Wortwitz und Slapstick gibt! Wir halten uns sehr an das Original, unsere Inszenierung wurde sogar von Valentins Enkelin sehr gelobt. Interview: Heike Duczek