Sternstunde des Streichquartetts

von Redaktion

Goldmund Quartett präsentiert in Grassau „Goldmunds Wanderungen“

Grassau – Glücklich, wer das Goldmund Quartett auf seinen Wanderungen begleiten durfte. Auch wenn es nur imaginäre Wanderungen im Hefter-Kultur Saal waren. Florian Schötz (Violine), Pinchas Adt (Violine), Christoph Vandory (Viola) und Raphael Paratore (Violoncello), seit 2018 als Goldmund Quartett weltweit unterwegs, zuletzt in Tokio mit einer Meisterklasse, verzauberten ihr Publikum mit Innerlichkeit, unglaublich feiner Intonation, Konturenreichtum und bis ins kleinste Detail erarbeiteten Phrasierungen.

Historische Instrumente

Allein schon die Instrumente ließen aufhorchen: Seit der Saison 2019/20 spielen die vier auf dem „Paganini Quartett“ von Antonio Stradivari, benannt nach dem legendären Geiger Niccoló Paganini. Auf dem Programm standen Franz Schubert, Grazyna Bacewicz und Johannes Brahms. Aber was wäre eine Wanderung ohne einen Streifzug durch das Voralpenland: Zum Aufwärmen gab es den „Vergiss mi net“-Landler von Florian Pallhuber – warm und wiegend –, ehe es hinauf in den Olymp der Klassik ging.

In eminent kultiviertem und homogenem Ton zelebrierte das Goldmund Quartett Schuberts kammermusikalische Stimmungen. 16 Jahre alt war Schubert, als er sein Streichquartett Nr. 10 in Es-Dur, D87, komponierte, und doch zeugt es von Stilreife: ob im lyrisch einsetzenden Kopfsatz, dem mit herausfordernden Vorausschlägen loseilenden Scherzo, im andächtig kantablen Adagio oder im sehr lebendigen Finale. Jedes Instrument durfte seine Soli-Stellen ausleben, und doch stand die Homogenität des Gesamtklangs im Vordergrund. Eine Brücke zum Zeitgenössischen schlug das Quartett mit Grazyna Bacewicz Streichquartett Nr. 4: „Unser Lieblingsstück,“ bekannte Cellist Paratore. Bacewiczs Werk voller dynamischer Akzente, interessanter Phrasierungen und Farben interpretierte das Quartett mit packender Energie und Hingabe. Sei es das volksmusikalisch inspirierte Hauptthema im ersten Satz, dem ein zweites Thema mit sanfter, melancholischer Stimmung, erst auf der Viola, dann auf der Bratsche, folgte und das die Streicher in der Reprise des Hauptthemas mit einem starken, selbstbewussten Ende abrundeten. Auf das verträumte Andante mit chromatischen Verschiebungen und Variationen der Volksmelodie des ersten Satzes folgte ein giocoso-Finale, ein immer schneller werdender Tanz, ein quasi-sinfonisches, temperamentvolles Spiel. Als hätte dieser interpretatorische Höhepunkt nicht genügt, zauberte das Quartett noch einen weiteren aus dem Hut: Das Brahmssche Streichquartett op. 51 Nr 2 in a-moll. Klanglich stets transluzent bewies das Quartett wahrlich außergewöhnliche Könnerschaft der romantischen Quartettliteratur. Selbst in den dichtesten Passagen ließen die Musiker einander viel Platz für Gestaltung. Sei es der Gesang aus dem langsamen Satz, mal lyrisch, mal eindringlich und wild mit Tremolo-Klangflächen. Oder die dichten, lauten Ballungen in der Durchführung des Kopfsatzes. Wie das Quartett, Spannung und Entspannung gestaltete, dabei stets Homogenität und Individualität wahrte, hätte dem Komponisten sicherlich Respekt abverlangt.

Von wegen
zugeknöpft

Das Publikum erklatschte sich zwei Zugaben, den Diplom-Landler von Herbert Pixner und den Samerberger Marsch von Cornelia Schaborak samt Jodler. Das Goldmund Quartett zu Gast bei der Villa Sawallisch, die gemeinsam mit dem heuer 50 Jahre feiernden Musiksommer zwischen Inn und Salzach, das Konzert ausrichtete: Ein würdiges Gedenken an einen der Mitgründer dieser Veranstaltungsreihe, Dr. Franz Zech, und ein beglückender Abend. Andreas Hérm Baumgartner, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender der Sawallisch-Stiftung, hatte in seiner Begrüßung da nicht zu viel versprochen: Kammermusik ist keineswegs zugeknöpft oder altmodisch. Glücklich, wer mit dem Goldmund Quartett mitwandern durfte.

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