Wieder einmal überraschte das Münchener Kammerorchester (MKO) – diesmal in ursprünglicher Streicherbesetzung – am Donnerstag im Prinzregententheater mit Neuem und Ausgefallenem. Darunter rangierte Schönbergs „Verklärte Nacht“, mit hoher Intensität und reichen Klangschattierungen musiziert, quasi als „Oldtimer“.
Wie abwechslungsreich der reine Streicherklang auch von heutigen Komponistinnen und Komponisten eingesetzt wird, das bewiesen in ihren Auftragswerken für musica femina e.V. und fürs MKO sowohl Marila Ivicevic als auch Johannes Maria Staudt. Seine fünfteilige Rhapsodie mit dem Titel „Stachel“ bot Vielfältiges: vom zartesten, vielstimmigen Flirren, das wie ein wehender Schleier wirkte, über Glissandi, wild bewegte „Ausbrüche“, Unisono-Klagelaute oder repetitive Momente bis zum an- und abschwellenden Raunen. Bas Wiegers war den Streichern dabei ein sicherer, akzentuierender Lotse.
Ivicevic hat sich für ihr Werk „She dreams in Colours“ von ihrer fünfjährigen Tochter inspirieren lassen. Von Wiegers sensibel geleitet, ließen die Streicher Glitzer in allen Farben – speziell in Pink, Lila und Gold – herabregnen, sodass die Zuhörer die Partikel glitzern sahen. Herausfordernd für die vier Streichergruppen war auch die geforderte Spieltechnik mit Klopf-Tremoli und der Bogenhand auf dem Griffbrett. Zu dezent eingesetzter Elektronik gesellten sich die „Anweisungen“ der Kinderstimme vom Band. Musik für Kinder? Ja, aber auch für Erwachsene, die gern im Glitzerregen stehen.
Für Benjamin Brittens 1944 entstandene Serenade gesellten sich Julian Prégardien und Franz Draxinger (Horn) zu den Streichern. Gemeinsam mit dem Dirigenten schufen sie in den sechs, auf alten englischen Gedichten basierenden Charakterstücken Stimmungen, Gefühle und Szenen, die intensiv berührten. Dabei punktete Prégardien als ausgewiesener Stilist mit feiner Phrasierung, bruchlosem Registerwechsel und bester Textbehandlung.
Gabriele Luster