Advent. Zeit der Besinnung. Zeit, zur Ruhe zu kommen, sich auf Weihnachten zu freuen. Wovon die meisten Menschen nur träumen, zelebriert Gertrud Rößle regelmäßig. Die Hauswirtschaftsmeisterin steht in ihrer Küche – vor ihrem Fenster erstreckt sich die gesamte Alpenkette – und sagt: „Advent ist die Zeit der langsamen Hinführung auf die Geburt Christi.“
Bergeweise Plätzchen und Gebäck sucht man bei ihr deswegen in diesen Tagen auch vergebens. Normalerweise gibt es den ersten Stollen auch erst zum Andreas-Tag am 30. November. Nur für uns verschiebt sie ausnahmsweise den traditionellen Backstart in die Weihnachtszeit. „Stollen zum Andreas-Tag hat bei uns Tradition.“ Der Schwiegervater hieß Andreas und man konnte ihm keine größere Freude machen, als einen Stollen zu backen.
Alle lieben diesen Stollen. Das Rezept hat es sogar schon zu internationalem Ruhm gebracht: Vergangenes Jahr war Sohn Michael für ein Auslandssemester in Norwegen. Seinen neuen Freunden wollte er einen Quarkstollen backen und erfragte per Telefon das Familienrezept von der Mutter. Klar, im Ausland müsse man bei den Zutaten improvisieren, „nicht immer bekommt man überall alles“.
Der Quarkstollen ist so simpel, dass man ihn selbst in der kleinsten Studentenbude nachbacken kann, sagt Gertrud Rößle. Auch das Equipment sei nicht anspruchsvoll: Zum Nachbacken braucht man weder Küchenmaschine noch Backform. Gertrud Rößle knetet den Teig am liebsten mit der Hand – „dann hat man das bessere Gefühl“. Anschließend wird der Teig zu einer gleichmäßigen Rolle geformt und aufs Backblech gesetzt, nach unten hin drückt die Hohenpeißenbergerin den Stollen noch etwas ein – fertig.
Gertrud Rößle bäckt, seit sie denken kann. Sie stammt aus einer Großfamilie mit Gastwirtschaft im Ostallgäu. „Da haben wir von Anfang an mitgeholfen“, erzählt sie von früher. Dem Dialekt der Heimat ist sie in all den Jahren treu geblieben. „Ich bin immer noch eine Schwäbin“, sagt sie lachend und schiebt noch einen Küchen-Exkurs hinterher: „Spätzle sind ja bekanntermaßen unsere Leidenschaft.“ Bei den Rößles ist „das Geheimnis guter Spätzle der Romadur. Der gibt dem Ganzen noch mehr Geschmack und außerdem macht er herrliche Käsefäden.“
Zurück in die weihnachtliche Backstube. Weil der Stollen so beliebt ist, kommt es häufig vor, dass die Hauswirtschaftsmeisterin gleich zwei auf einmal bäckt. Ganz wichtig: Ihn noch heiß mit Butter einstreichen und mit Puderzucker bestäuben. „Dabei darf man nicht sparen“, sagt die Fachfrau und lässt es richtig „schneien“.
Gertrud Rößle ist für ihre Kuchen und Torten bekannt. Wann immer ein Fest ansteht, bringt sie etwas Besonderes mit. Die Adventstorte, die sie uns zeigt, sei „gar kein Hexenwerk“, wie sie betont. Wenn man ein paar Tricks beachtet, gehe sie ganz einfach (siehe Foto-Anleitung und Kasten).
Ihre Torte schaut in der Tat zum Anbeißen aus – die Deko fertigt die Hauswirtschafterin aus Marzipan an – das passe zum einen gut zum Apfel, zum anderen sei es auch nicht so süß wie Fondant. Wer will, bestäubt die Sterne noch mit Goldstaub. Das sieht dann besonders festlich aus.
Apropos Aussehen: Gertrud Rößles Ehemann, ein Bauunternehmer, sorgt für die perfekte Darbietung des Stollens: auf einer Bodenfliese (auf der Unterseite kleine Filze anbringen, damit der Tisch nicht verkratzt) sieht der Stollen zum Anbeißen aus.
Köstliche Adventsbäckerei. So macht das Warten aufs Christkind Freude.