mein Küchengeheimnis

„Das schmeckt nach Kindheit“

von Redaktion

von Stephanie Ebner

Ihre Herkunft kann Brigitte Martner nicht leugnen. Will sie auch gar nicht. Auch nach über 30 Jahren in Oberbayern hört man sofort, dass sie ursprünglich aus Schwaben kommt. Ihr Elternhaus steht nördlich von Stuttgart. Doch seit ihrem 21. Lebensjahr wohnt sie in Geretsried, seit gut zehn Jahren in Beuerberg.

Wenn es nach Brigitte Martner gegangen wäre, wäre sie schon mit 16 Jahren nach Geretsried gezogen – dort gab es ihre Traum-Lehrstelle: „Ich wusste schon immer, dass ich etwas mit Instrumenten werden wollte.“ Doch mit 16 bekam sie den Ausbildungsplatz fern der Heimat noch nicht. Also lernte Brigitte Martner zunächst „nur“ Werkzeugmacher. „Metall ist einfach mein Material.“

Als ausgebildete Werkzeugmacherin und mittlerweile 21 Jahre alt, stand ihr die Welt, bzw. Geretsried, und die Ausbildung zur Instrumentenmacherin offen. „Ich war selig“, erinnert sie sich an damals.

Dass ihr Beruf eine reine Männerdomäne war, störte sie damals wenig. Nur als die beiden Kinder kamen, war es ihr nicht mehr möglich, in ihrem gelernten Beruf Teilzeit weiter zu arbeiten. Sie sattelte um, seither arbeitet die 50-Jährige in einem Naturkostladen.

Der Musik und natürlich auch Schwaben ist sie in all den Jahren treu geblieben.

Auf dem Dachboden der Familie stapeln sich die Instrumente. „Musik ist unser Leben“, erklärt Brigitte Martner, holt schnell eines ihrer Saxofone hervor („Ich trenne mich von keinem meiner Instrumente.“) und gibt eine kleine Hörprobe. Es macht Spaß, ihr zuzuhören. „Zusammen mit meinem Mann mache ich auch viel Musik.“ Außerdem spielt sie in diversen Bands und gibt Unterricht. „Langeweile kommt da selten auf.“

Doch jetzt geht es erst einmal in die Küche, Brigitte Martner will Flachswickel backen, ein Rezept ihrer Kindheit. Die Oma hat sie für sie und die fünf Geschwister immer gebacken. „Wir haben die Flachswickel geliebt.“ Als sie das Rezept hervorholt, sagt Brigitte Martner: „Ich war ganz erstaunt, wie viel Butter da reinkommt.“ Die Butter macht die Flachswickel schön mürbe. Besonders am darauffolgenden Tag.

„Das schmeckt für mich nach Kindheit“, sagt sie und dreht die Teigrollen ein. „Irgendwann hat man’s raus, wie das Flachswickeln geht“, sagt die Hobbyköchin lachend. Ein Löffel liegt neben der Arbeitsplatte, als Anhaltspunkt, wie lange die Teigrolle sein soll. Im Handumdrehen sind die Ösen gelegt und die Wickel geformt. Sieht einfach aus, bedarf aber etwas Übung. Wenn die Flachswickel nicht so akkurat werden, ist es ja auch nicht so schlimm – „schmecken tun sie trotzdem“. Übrigens: In den Teig selbst kommt kaum Zucker, der Hagelzucker reicht völlig, das Gebäck zu süßen.

Nicht nur das Rezept für die Flachswickel begleitet die zweifache Mutter bereits ein Leben lang, gleiches gilt auch für den Ofenschlupfer. Auch ein Rezept, das ursprünglich aus Schwaben stammt. Das komme nicht von ungefähr, lacht Brigitte Martner. „Wir Schwaben sind ja bekannt dafür, dass wir nichts wegwerfen.“ Ofenschlupfer ist nichts anderes als eine Resteverwertung für altbackenes Brot. „Noch besser schmeckt der Ofenschlupfer, wenn man ihn mit altbackenem Brot zubereitet“, ist die 50-Jährige überzeugt. „Dafür lass ich alles andere stehen.“ Im Sommer lässt die Hobbyköchin den Zimt weg, zum Herbst gehört er dann dazu. Je nach Jahreszeit eben. So habe das ihre Großmutter auch immer gehandhabt. Nur an die Maultaschen, auch so ein typisches Rezept ihrer Heimat, hat sich Brigitte Martner noch nicht herangetraut. „Denn Maultaschen machen richtig viel Arbeit.“ Aber wer weiß? „Vielleicht habe ich ja eines Tages richtig viel Zeit? Dann knöpfe ich mir mal die Maultaschen vor.“

Doch bis dahin verwöhnt sie ihre Lieben mit Flachswickel und Apfel-Ofenschlupfer. Von beiden Gerichten kann man nicht genug bekommen.

Versprochen.

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