„Ohne Unterstützung wüsste ich nicht mehr weiter“

von Redaktion

Schon damals, vor mehr als zehn Jahren, musste sich Wilhelm J., 82, durchkämpfen. Seine schmale Rente reichte nicht – am Ende des Monats hätte er kaum ein paar Cent übrig gehabt, um sich eine Breze zu leisten. Deshalb ist er im Ruhestand zunächst Taxi gefahren. Um etwas Geld dazu zu verdienen – vor allem aber, um sich seine Würde zu bewahren.

Wilhelm J. ist kein Mensch, der seine Armut vor sich herträgt. Im Gegenteil: Er versteckt sie lieber – hinter einem gepflegten Äußeren und einem zurückhaltenden Lächeln.

Wilhelm J. ist kein Einzellfall. Zehntausende Rentner teilen sein Schicksal: alt, arm und allein – in einem der reichsten Bundesländer. Viele von ihnen schämen sich so sehr für ihre Not, dass sie sich nicht einmal aufs Amt trauen. Auch Wilhelm J. kostete es Überwindung, die Grundsicherung zu beantragen – und sich beim Verein Lichtblick Seniorenhilfe zu melden, der bedürftige Ältere unterstützt. Heute sagt er: „Ich wüsste nicht mehr weiter ohne die Unterstützung.“ Denn irgendwann konnte Wilhelm J. nicht mehr Taxi fahren; das Alter. Heute bekommt er monatlich unter anderem eine Patenschaft von 35 Euro vom Verein – ein kleiner finanzieller Betrag, der ihm ein riesiges Stück Freiheit zurückgibt. Erst kürzlich leistete er sich einen Pullover, weil der alte nach Jahren ausgedient hatte. Vor allem aber gibt er das Geld für Lebensmittel aus. Denn Kochen ist seine Leidenschaft – selbst wenn er meist nur für sich ein Essen zubereitet. Seine erwachsenen Kinder sieht er nur selten. „Die führen ihr eigenes Leben“, sagt er knapp.

In diesem Jahr hat er seinen 82. Geburtstag gefeiert: allein daheim. „Ich habe den Tag genutzt, um mich etwas zu pflegen“, erzählt er bescheiden. Auch seine kleine Wohnung sehe „tadellos“ aus. Das sei ihm wichtig.

Immer wieder besucht Wilhelm J. auch die Mitarbeiter des Vereins im Büro. Er ist gern dort – gern unter Menschen. „Beim nächsten Mal bringe ich für das ganze Team eine kleine selbst gemachte Leckerei mit. Dann kann ich auch mal etwas zurückgeben“, versprach er bei seinem jüngsten Besuch. Er wird Wort halten. Zusammenfassung: B. Nazarewska

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