„Die Küche ist mein Labor“

von Redaktion

Netflix und Co. revolutionieren den modernen Speiseplan: Die Foodies von heute ziehen sich ihre Lieblingsrezepte aus dem Netz. Zwei von ihnen sind Moritz Wiest (30) und sein Geschäftspartner Julius Wenzel (28). Die Münchner holen sich die kulinarische Welt an den heimischen Herd.

VON STEPHANIE EBNER

Beim Essen geht es der Generation Y, das sind all jene, die in den 1980er- und 1990er-Jahren geboren sind, nicht mehr nur ums reine Sattwerden: „Essen ist für unsere Generation ein sehr emotionales Thema“, sagt Moritz Wiest und fügt hinzu: „Wir machen uns große Gedanken, wie wir uns ernähren, und wie sich das Essen auf unseren Körper, insbesondere die Verdauung, und auch auf unsere Umwelt auswirkt.“

Gesund essen ist in: 2020 steht ganz im Zeichen gesunder Ernährung, vegetarische und vegane Ernährung spielen eine immer wichtigere Rolle. Obst und Gemüse sollen möglichst saisonal sein und aus nachhaltigem Anbau stammen. Julius Wenzel sagt: „Das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung ist bei uns ein ganz anderes als noch bei unseren Eltern.“ Und das obwohl bei beiden die Mutter mittags immer frisch kochte – „wir sind mit viel Rohkost und Gemüse aufgewachsen“.

Die Freunde stehen heute gemeinsam am Herd: Ihre Art zu kochen unterscheidet sich radikal von der Küche der Mütter und Großmütter. Zu ihrer großen Leidenschaft gehört es, sich freitags zum Kochen zu verabreden. Dann finden in der Küche von Moritz Wiest wahre Kochorgien statt. Unter der Woche geht es schlichter zu – da muss es eben schnell gehen. So wie bei vielen Berufstätigen.

Trotzdem soll der Genuss nicht zu kurz kommen. Beim „Fried Rice“ beispielsweise, dem Klassiker aus Asien, verzichtet Moritz Wiest auf Kohlenhydrate, indem er den Reis durch geraspelten Blumenkohl ersetzt. Hört sich zuerst seltsam an, überzeugt aber auch Blumenkohl-Kritiker. So schmeckt Fried Rice fantastisch – und wie gesagt, ganz nebenbei ist das Gericht auch noch gesund.

Schon die Vorspeise hat bereits zum Umdenken in der Küche angeregt: Am Rosenkohl scheiden sich normalerweise die Geister. Doch Moritz Wiest nähert sich den Röschen ganz anders – indem er sie erst halbiert und dann einfach mit der Schnittfläche nach unten in die kalte Pfanne setzt. „So entfalten die Kohlrosen nicht den strengen Geruch, der so manchen sonst abschreckt, die Vitaminbombe zu essen.“ Geröstet schmecken die Röschen richtig gut. Selbst Leuten, die sonst einen großen Bogen um das Gemüse machen.

„Die Küche ist mein Versuchslabor“, sagt Moritz Wiest. In der Schwabinger Wohnung setzt er beispielsweise regelmäßig Kimchi an. Die koreanische Spezialität ist reich an Vitamin A, Eisen, Mineralien und verschiedenen Aminosäuren. Durch die Fermentation entstehen hohe Anteile an den Vitaminen B1, B2 und B12. „Das probiotische Lebensmittel ist ballaststoffreich und fördert damit die Verdauung und eine gesunde Darmflora.“ In der Küche zieht der 30-Jährige auch seine Sprossen selbst oder setzt Sauerteig an. Und hier experimentiert er zusammen mit Julius Wenzel an seinem „Good-Crop-Smoothie“. Ein Getränk, in dem sie Fruchtmark, Säfte und faserreiche Pflanzenstoffe miteinander kombinieren. Julius Wenzel sagt: „70 Prozent der Deutschen kriegen nicht genug von den gesunden Fasern, die essentiell für unsere Verdauung sind, satt aber nicht dick machen, vor ernährungsmitbedingten Krankheiten wie Diabetes oder Adipositas schützen und zur Balance der Darmflora beitragen.“ Deshalb freut er sich, dass die Smoothies, die es bislang online zu kaufen sind, ab Frühjahr auch im Supermarkt-Regal stehen.

Bewusste Ernährung 2020 heißt aber auch, sich zwischendurch auch mal zu gönnen. Auch wenn es ungesund ist. Wie ein echtes Wiener Schnitzel beispielsweise. Am liebsten in ganz viel Butterschmalz rausgebraten, so wie es die Großmutter einst auch tat.

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