Die Natur bestimmt den Speiseplan

von Redaktion

Wer bei Amadé Billesberger (38) zum Essen eingeladen ist, kann sicher sein: Die Lebensmittel sind selbst produziert. Bei dem Bio-Bauern aus Moosinning kommt nur auf den Tisch, was die Natur gerade hergibt. Im Winter ist das manchmal eine spannende Herausforderung.

VON STEPHANIE EBNER

Nein, konventionell ist er nicht. Und das liegt nicht daran, dass er, das einstige Stadtkind, sich 2007 entschlossen hat, einen Ökobetrieb mit rund 80 Hektar im Landkreis Erding zu führen. „Damals war ich der erste Bio-Bauer in Moosinning“, sagt er nicht ohne Stolz.

Das Besondere bei ihm ist sein Werdegang: Normalerweise übernimmt man den Hof vom Vater. Doch der Senior hatte sich bereits 1977 entschlossen, lieber als Kunsthändler als als Bauer sein Geld zu verdienen und deshalb die Ackerflächen verpachtet. Mogli, wie ihn die Schwester seit Kindesbeinen an nannte, wurde trotzdem Landwirt. Heute ist er nicht nur ein überzeugter Bio-Bauer, der komplett auf Selbstversorgung setzt. Er sieht sich auch als Verfechter für Nachhaltigkeit. Selbst für die Wärme sorgt die hofeigene Hackschnitzel-Heizung.

Und klar, das versteht sich von selbst, in dem kleinen Hofladen gibt es keine Plastiktüten für die Hülsenfrüchte, Mehle und Nudeln, die er dort verkauft. Zur Not hat der Bio-Bauer Tüten aus Papier. „Noch besser ist es jedoch, wenn die Leute ihre Dosen und Schüsseln selbst mitbringen und wir die Ware aus den großen Edelstahltonnen direkt vor Ort einfüllen.“

Als Amadé Billesberger nach dem Abitur vor der Frage stand, was er aus seinem Leben machen will, probierte er erst einmal einiges aus: Er absolvierte mehrere Praktika, unter anderem arbeite er bei BMW und als Zeitarbeiter in Werkstätten. Doch erst als er auf eine Farm ins französische Burgund ging, fand er seine Erfüllung: „Da stellte ich fest, dass mir die körperliche Arbeit Befriedigung verschafft.“ Nicht nur das. Auch der Umgang mit den Tieren – auf dem Hof in Frankreich wurden Charolais-Rinder gezüchtet – faszinierte ihn. „Alles ging um das Wohl der Tiere. Von der Ernährung bis zur Haltung.“

Das Landwirtschaftsstudium selbst war nichts für ihn, also fing er eine Lehre an und arbeitete auf verschiedenen Biobetrieben. Den Traum vom Profi-Skater hatte das einstige Stadtkind da bereits ad acta gelegt. „Und diesen Schritt niemals bereut.“ Mogli Billesberger sagt es mit so einem breiten Grinsen, dass man nicht daran zweifelt.

Schon im 15. Jahrhundert wurde auf dem Billesberger Hof Getreide angebaut und gemahlen. Die Mühle steht heute still – „vielleicht schaffe ich es, sie irgendwann wieder in Betrieb zu nehmen“. Dann könnte der Bauer sein Getreide auch noch selbst verarbeiten. Doch bis dahin ist ein langer Weg. Sein Emmer, Dinkel, Lichtkornroggen und Nackthafer wird derzeit fremd bearbeitet.

Seine Familie wohnt in der siebten Generation auf dem Hof, „aber ich bin der Einzige, der wirklich Bauer gelernt hat“. Amadé Billesberger baut Getreide, Obst und Gemüse an und kümmert sich um die bald 800 Hühner, die in mobilen Hühnerställen leben. Auf dem Billesberger Hof grasen ansonsten 40 Bergschafe – „praktisch, so muss ich die Wiesen nicht mähen“, außerdem gehören mehrere Enten, Puten und Lämmer sowie ein Hund und zwei Katzen zum Hof.

Die Tiere, die er züchtet, dürfen andere essen. Mogli ist seit er fünf Jahre alt ist, überzeugter Vegetarier. „Ich kann doch nicht Tiere essen, mit denen ich spiele“, verweigerte er schon als Fünfjähriger die Nahrungsaufnahme von Fleisch. Weil der Vater kein Fremdfleisch zukaufte, wurde der Naturbursche Vegetarier und blieb es bis heute.

Das bedeutet aber keineswegs Einschränkung. Besonders im Winter liebt der 38-Jährige die „Challange“, nur wirklich mit dem zu kochen, was er selbst produziert. Und so steht er auch heute in der Küche – ein gemütlicher Ort, der teils antiquarisch anmutet, aber viel Lebensfreude ausstrahlt und garantiert ohne Plastik auskommt – und schneidet Gemüse klein. „Ich bin selbst manchmal überrascht, was am Schluss dabei rauskommt“, sagt er. Denn Kochen nach Rezept gibt es hier nicht.

Diesmal kommen bei Amadé Billesberger Linsen in den Topf, die er im Sommer angebaut hat. Seine Neuentdeckung. „Nur Olivenöl, Salz und Aceto, die musste ich kaufen, weil es halt hier nicht wächst.“

Seine Produkte überzeugen. Besonders die Menschen in der Stadt. Er arbeitet mit „Slow Food“ zusammen, einer Vereinigung, die sich für gesunde Ernährung und bewusstes Genießen regionaler Lebensmittel einsetzt. Zahlreiche namhafte Restaurants beziehen die Billesberger-Produkte. Unter ihnen das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete „Tian“ in München. Auch mit Fernsehkoch Andi Schweiger steht der Bio-Bauer in regem Austausch. Der „Ohne-Laden“ und die „Bäckerei Brotzeit“ gehören ebenso zu seinen Abnehmern.

Billesberger Bio-Kost ist sozusagen im Münchner Umland in aller Munde. Und natürlich auf dem Hof selbst. Die Kostbarkeiten aus dem Garten werden zum Schluss liebevoll von ihm dekoriert. Da sieht man, dass Amadé Billesberger sich so manches von den Profiköchen abgeschaut hat.

Mogli ist einfach ein (Lebens-)Künstler, der seinen Traum lebt, auch wenn der Arbeitstag manchmal 16-Stunden dauert.

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