GLÜCKSFITNESS – DAS SCHÖNSTE GEFÜHL IM BESTEN ALTER

Die Macht der (Vor-)Bilder

von Redaktion

Der „Super Tuesday“ in den USA ist vorbei – und der frühere US-Vizepräsident Joe Biden hat bei den Vorwahlen der Demokraten ein spektakuläres Comeback hingelegt: Nun gilt er erst mal als neuer Favorit für den Job des Trump-Herausforderers bei den Präsidentschaftswahlen im Herbst. 77 Jahre alt ist der Mann derzeit. Sollte er – was natürlich noch offen ist – Trump schlagen können, wäre er damit am Ende seiner ersten Amtsperiode bereits deutlich über 80.

Warum ich gerade darüber schreibe? Ganz einfach: Wir lernen unser Leben lang weit mehr, als uns bewusst ist, anhand von Vorbild und Nachahmung. Denken Sie zum Beispiel nur daran, wie unser Spracherwerb funktioniert: Wir hören Laute um uns herum und beginnen sie nachzuplappern. An der Reaktion unserer Umgebung (etwa dem begeisterten Beifall, wenn wir das erste Mal so etwas wie „Mama“ von uns gegeben haben) erkennen wir, ob unser Versuch erfolgreich war.

Das sogenannte Modell- oder Beobachtungslernen – beschrieben erstmals von Albert Bandura – ist ungemein wichtig, denn es ermöglicht das Erlernen vollkommen neuer Verhaltensweisen und Einstellungen. Vor allem komplexe Fähigkeiten (wie eben Sprache, aber auch Dinge wie Auto- und Radfahren) können auf diese Weise vergleichsweise leicht und schnell erworben werden.

Auch bezüglich unserer Persönlichkeit und unseres Ich-Verständnisses spielt diese Form des Lernens eine bedeutsame Rolle. Unsere frühesten Modelle sind hier unsere Eltern und älteren Geschwister. Wir beobachten sie und entwickeln dabei nach und nach eine eigene Idee von unserer Identität, von unserem Platz in der Welt. Später sind es dann unsere Freunde, an denen wir uns orientieren. Als Erwachsene bewundern wir den beruflich erfolgreichen Kollegen und eifern ihm nach. Kurz: Unser ganzes Leben lang werden wir stark geprägt von den Vorbildern, die uns umgeben – realen ebenso wie denen, die uns die Medien präsentieren. Das Problem: Nach hinten raus wird die Luft in Sachen Vorbilder leider etwas dünn. Zumindest in Sachen erfreulicher Vorbilder. Wie häufig sehen Sie etwa Senioren in der Werbung für Produkte, die nichts mit Krankheitsprävention in irgendeiner Form zu tun haben? Eben.

Jenseits einer gewissen Marke scheinen plötzlich alle nur noch mit dem Kampf gegen Verfall und Demenz beschäftigt zu sein. Irgendwann internalisiert man selbst unbewusst diesen Stereotyp vom Alter, ohne es zu merken. Und schafft damit unter Umständen etwas, was Psychologen eine „sich selbst erfüllende Prophezeiung“ nennen: Die eigene Erwartungshaltung sorgt dafür, dass das Erwartete auch eintrifft.

Ganz wichtig fürs Glück im höheren Lebensalter ist deshalb eine erhöhte Aufmerksamkeit für gute, Mut machende Vorbilder. Man kann sie finden, wenn man bewusst darauf achtet. Queen Elizabeth II (93), Papst Franziskus (83) oder der Dalai Lama (84) denken alle nicht dran, aufs Altenteil zu wechseln. Harrison Ford dreht mit 77 gerade den nächsten „Indiana Jones“-Film.

Klar, das sind Extreme. Ganz unerreichbar sollten unsere Vorbilder für uns natürlich nicht sein, sonst entmutigen sie uns eher, statt uns positiv anzuspornen. Ein gutes Vorbild aber inspiriert und motiviert uns zu persönlichem Wachstum!

Schauen Sie sich doch mal gezielt um. Welche 70-, 80- oder 90-jährigen Menschen bewundern Sie – und wofür? Was können Sie von diesen Vorbildern vielleicht lernen? Und in welcher Hinsicht könnten auch Sie selbst irgendwann zu einem richtig coolen Altersvorbild für Jüngere werden?

VON FELICITAS HEYNE

Die renommierte Diplom-Psychologin und Buchautorin schreibt, warum es so wichtig ist, sich an Älteren ein Beispiel zu nehmen – und selbst zu einem solchen guten Beispiel zu werden: „Ein gutes Vorbild inspiriert und motiviert uns.“

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