Eine Einladung zum Essen, bei einem tollen Italiener. Was vergangene Woche noch normal war, ist auf einmal etwas ganz Besonderes. Ich bin – ehrlich gesagt – ziemlich aufgeregt, schminke mich zum ersten Mal seit Tagen. Im Homeoffice laufe ich eh nur meinem Mann und den Kindern über den Weg, und die kennen mich auch ohne Mascara und Wimperntusche. Jetzt noch raus aus den Wohlfühlklamotten. Es kann losgehen.
Mein Date habe ich um 18.30 Uhr – ich bin überpünktlich – wie alle anderen auch. Wir sind online verabredet, in der Küche des Vecchia Lanterna von Chefkoch Antonino Denami.
Die Gastronomen der Stadt müssen zwar ihre Lokale schließen, nicht aber ihre Küchen. Deshalb haben sich die vier italienischen Gourmetlokale „Osteria Der Katzlmacher“, „Acetaia“, „Martinelli“ und „Vecchia Lanterna“ etwas für ihre Gäste einfallen lassen. Unter dem Label „Italia in Casa“ bieten sie unterhaltsame Live-Kochkurse nebst Weinverkostungen an – ganz einfach über Videoschaltung per Computer.
Wir zoomen uns in die Küche des Vecchia Lanterna. Dort steht Antonino Denami am Herd und entführt uns nach Süditalien, genauer gesagt nach Kalabrien. Neben ihm – im sicheren Abstand – steht Jörg Bornmann, er wird im Laufe des Abends die Weine, die im Paket enthalten sind, erläutern.
Wer sich anmeldet, bekommt Zutaten und Weine nach Hause geliefert und den Link, mit dem man sich zu einer bestimmten Uhrzeit in die Gastronomie-Küchen einwählen kann. Ein Restaurant-Besuch aus einer bisher unbekannten Perspektive. Die Kosten variieren und hängen von den Weinen und Zutaten ab.
Diesmal erzählt der Küchenchef des Vecchia Lanterna von seiner Heimat Kalabrien und seinen köstlichen aber einfachen Zutaten: Von der Tropea-Zwiebel beispielsweise. Diese hat Antonino Denami vor über 20 Jahren immer aus der italienischen Heimat mit nach München gebracht, weil sie damals hierzulande noch völlig unbekannt war. Die Tropea-Zwiebel ist „viel süßlicher und aromatischer wie die gewöhnliche Haushaltszwiebel“, erklärt der Italiener. Mittlerweile gibt es diese Spezialität auch in München in jedem gut sortierten Lebensmittelgeschäft zu kaufen.
Während ich die Zwiebel in feine Ringe schneide, erfahre ich, dass Denami normalerweise die violette Aubergine bevorzugt, weil sie einen intensiveren Geschmack hat. Doch die hat zur Zeit nicht Saison und so schnippeln wir die ganz normale Aubergine, die es auch jetzt in jedem Supermarkt zu kaufen gibt, in feine Ringe.
Die Fileja-Nudeln mit Nduja sind ganz einfach nachzukochen, keine wirkliche Herausforderung für einen Hobbykoch. Aber darum geht es an diesem Abend auch nicht. Das Miteinander-Spaß-Haben am Herd steht im Vordergrund. Und versprochen, den hat man – und nebenbei begibt man sich auf kulinarische Reise und lernt vielleicht auch noch etwas Neues kennen. In unserem Fall war das die Nduja, die italienische Streichsalami aus Kalabrien.
Keine Ahnung, wann wir uns wieder normal beim Italiener zum Essen verabreden, wann die Grenzen öffnen und wir in der realen Welt nach Bella Italia reisen können. An diesem Abend ist das kein Thema. Corona rückt in den Hintergrund, zumindest für ein paar Stunden ist das Virus vergessen.
Wir haben einen Abend unter Leuten verbracht. Beinahe wie in normalen Zeiten. Und herrlich gegessen, aber das war ehrlich gesagt diesmal eher Nebensache. Zusammen is(s)t man weniger allein. Beschwingt schalten wir den Computer aus und stoßen noch mit dem letzten Schluck Wein auf dieses außergewöhnliche Zusammentreffen an.