Essen, das der Seele schmeichelt

von Redaktion

Essen hält Leib und Seele zusammen. Eine alte Volksweisheit, die sich gerade jetzt in Corona-Zeiten einmal mehr als richtig und wichtig erweist. Schmackhaft und gesund sind eine kräftige Hühnersuppe und ein Hühnerfrikassee. Die beiden befreundeten Köche Ali Güngörmüs und Alexander Ebert haben den Klassiker neu kreiert.

VON STEPHANIE EBNER

Ein schönes Essen, das der Seele schmeichelt – das braucht man gerade jetzt. Denn in diesen Tagen gibt es kein gemeinsames Essen mit Freunden und (Groß-)Familie. „Umso wichtiger, dass wir uns auch alleine oder im kleinsten Kreis gut ernähren“, sagt Professor Berend Feddersen von der Ludwig-Maximilians-Universität München und Mitautor des Magazins „Medizin à la carte“.

Mit Hühnersuppe, die Alexander Ebert und Ali Güngörmüs kochen, kann man sich zwar nicht vor COVID-19 schützen – anders als mit Abstandhalten und Händewaschen – doch sie stärkt das Immunsystem. Und das kann in diesen Tagen nicht schaden. Alexander Ebert schätzt an diesem Gericht zudem, dass man einmal kocht und zweimal ein Essen hat. „Bei diesem Gericht wird nichts entsorgt – diese Nachhaltigkeit hat die Generation unserer Großmütter noch aus dem Effeff beherrscht“, sagt der Küchenchef. Das Besondere an dieser Hühnerbrühe: Das Huhn wird über Nacht ausgekocht, „so geht gar nichts verloren. Vier Liter Suppe bleiben vier Liter Suppe“.

Hühnersuppe ist als Krankengericht ein Klassiker. Wenn wir uns nicht gut fühlen oder gar krank sind, brauchen wir Nahrung für die Seele. Nicht umsonst erinnern wir uns an das, was uns einst die Eltern ans Bett brachten, als wir nicht fit waren.

Bei Berend Feddersen war es der heiße Holunderbeersaft, den ihm sein Vater brachte und den er noch ganz heiß geschlürft hat. „Dass sich der Vater Zeit nahm, mich zu umsorgen, das war das ganz Besondere am Kranksein. Da habe ich mich gleich viel besser gefühlt“, erinnert sich der Mediziner an seine Kindheit.

Der gebürtige Franke Alexander Ebert (Restaurant Ebert) mit dem Feddersen das „Medizin à la carte“ gestaltet hat, kann sich zwar nicht mehr genau an das Gericht selbst erinnern – „ich denke, es war ein Eintopf.“ Viel wichtiger war, dass man „gehegt und gepflegt wurde. Allein das liebevoll in eine Decke gehüllt zu werden, tat schon gut.

Ali Güngörmüs (Restaurant Pageou), der die ersten zehn Jahre seines Lebens in Ostanatolien aufwuchs, erinnert sich, dass ihm die Mutter immer eine Zwiebelsuppe ans Bett brachte, wenn er Fieber hatte. „Hühnersuppe gab es damals nicht. Fleisch überhaupt war bei uns eine Seltenheit.“ Es war das Gefühl des Umsorgtwerdens, das den ersten deutsch-türkischen Sternekoch wieder gesund werden ließ.

An der Zwiebelsuppe selbst kann es nicht gelegen haben, ist sich der 46-Jährige sicher: „Die habe ich gehasst und auch als Profikoch nie wieder nachgekocht.“ Das Wohlfühlgericht, das ihm jetzt die Mutter auftischt, wenn er sie besucht, ist eine Linsensuppe. „Die schmeckt einfach hervorragend.“

Wochen ist es jetzt allerdings her, dass Ali Güngörmüs sie am elterlichen Tisch gegessen hat. „Corona hat unser aller Leben durcheinandergebracht“, sagt der Profikoch. „Wir Gastronomen sind besonders betroffen.“

Seit seinem 14. Lebensjahr arbeitet er in der Küche, „so einen Stillstand habe ich noch nie erlebt“. Seit dieser Woche bietet der Fernsehkoch zusammen mit Alexander Ebert im „Pageou“, das übrigens nach Güngörmüs’ Heimatdorf in Anatolien benannt ist, eine spezielle Karte zum Abholen und Liefern an (montags bis samstags von 11 Uhr bis 20 Uhr). Das Menü kann man sich selbst zusammenstellen. Gerichte wie Oktopus-Shrimps-Salat, Hummus mit Aubergine, Falafel mit orientalischem Gurkenjoghurt, Salzwassergarnelen, geschmorte Granatapfelzwiebeln und ein Safran-Pilavreis verführen uns zum Träumen und lassen uns – zumindest kulinarisch – auf Reisen gehen. Das tut einfach gut und lässt uns zumindest für kurze Zeit den Corona-Alltag vergessen. Essen schmeichelt eben doch der Seele.

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