An einem normalen Tag wie diesem kocht Jürgen Wiesenhofer schon mal 300 Liter Gulasch mit seinen insgesamt 62 Angestellten. Heute aber steht der Kantinenchef ausnahmsweise alleine in der heimischen Küche in München-Obermenzing und bereitet ein Vier-Gänge-Menü für drei Personen zu. „Mit den Mengenangaben tue ich mir deswegen etwas schwer“, witzelt der 45-Jährige. Aber gelernt ist gelernt. Am Ende schmeckt’s – auch dank seiner Tochter Luisa (8).
Insgesamt sechs Betriebe leitet der gebürtige Wiener in und um München, darunter sind die Kantine im Münchner Rathaus und die im Polizeipräsidium an der Ettstraße. Nicht nur dort versucht er, kein Essen wegzuschmeißen, sondern immer alles zu verwerten. Daheim werden wie heute aus einem Bio-Gockel beispielsweise eine Suppe gemacht, die Schenkel und Brüste in den Backofen geschoben und die Leber mit Spaghetti vermischt.
Letzteres ist allerdings nicht unbedingt das Leibgericht von Jürgen Wiesenhofer – und von seiner Tochter schon gar nicht. „Aber mal ehrlich: Welches Kind mag so etwas?“, sagt er und schiebt stolz hinterher: „Aber mittlerweile isst meine Tochter sogar grüne Paprika!“
Der Grund: Für seine Kantinen hat er in Langwied ein 300 Quadratmeter großes Gewächshaus gepachtet, seit Kurzem hat seine Tochter dort einen eigenen Abschnitt. Mit ihren Freunden hatte Luisa dort im Frühjahr Gurken und eben Paprika gepflanzt – derzeit wird fleißig geerntet. „Auch die Zucchini sprießen wie wild“, freut sich Jürgen Wiesenhofer. Das kann auch am Dünger liegen: Er verwendet den übrig gebliebenen Kaffeesatz aus der Kantine der Münchner Sicherheitskonferenz.
Auch deswegen gibt es heute einen Zucchini-Kuchen. Zucchini müssen verwertet werden. Das Rezept ist ein klassisch-einfaches Becher-Rezept, das ihm eine Nachbarin überlassen hat. Auch von seiner Oma verwendet er beruflich wie privat Rezepte. „Aber weil die alten ja oft sehr deftig sind, versuche ich sie ein bisschen abzuwandeln“, sagt er. Ansonsten kocht er nur mit Spickzettel und ohne genaue Angaben. „Und wenn wir etwas im Kühlschrank übrig haben, nimmt er sich die drei Zutaten und kocht für uns daraus etwas“, freut sich seine Frau Sabine Wiesenhofer. Denn, so betont ihr Mann, ein guter Koch braucht nicht viele Zutaten: „Er muss auch mit wenig Gutes schaffen können – auch wenn’s schwierig ist.“
Schon mit sechs Jahren schrieb Jürgen Wiesenhofer in seinen Zahnarztpass, dass er später Koch werden möchte. Und auch seine Tochter fängt schon früh an: „Zum Vatertag hat sie ihm frische Semmeln gebacken“, erzählt Mutter Sabine. „Seitdem backt Luisa einmal pro Woche.“ Deswegen serviert der Papa heute sehr stolz diese Semmeln mit einer selbst gemachten Schnittlauch-Butter als Vorspeise.
Seinen Blick fürs Detail hat Jürgen Wiesenhofer bei einem Sternekoch in Wien geschult, bei dem er gelernt hat. Später arbeitete er als Patissier ein Jahr auf einem Kreuzfahrtschiff mit 1700 Leuten. Und vor 20 Jahren eröffnete er seine erste eigene Kantine in München. Seitdem schläft er täglich nur vier Stunden und steht jeden Tag um 2.30 Uhr morgens auf – auch am Wochenende und im Urlaub. Er liebt diese Zeit, an der noch alles leise und friedlich ist. „Dann bin ich am produktivsten.“ Man schmeckt es.