Manchmal muss es eben Kaviar sein

von Redaktion

VON STEPHANIE EBNER

Schon von außen ist das „Mural“ einzigartig: Wer hier essen will, muss am Museum of Urban and Contemporary Art vorbei. Ein Zweckbau in der Münchner Altstadt, früher war es ein Umspannwerk. Dessen Fassade vom renommierten Street-Art-Künstler Stohead gestaltet wurde. An der Wand gegenüber hängen seit diesem Herbst Fotos. Wer wollte, ließ sich für „Inside out“, einem der größten künstlerischen Gemeinschaftsprojekte der Welt, porträtieren.

Sterne-Koch Joshua Leise hat sich dabei nicht verewigen lassen. „Die Schlange war einfach zu lang.“ Und außerdem haben er und sein Team die Wartenden mit Sandwiches versorgt. So simpel geht es im „Mural“ selbst sonst nicht zu. Seit 2020 ist das Restaurant vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet. Joshua Leise war damals gerade mal 25 Jahre alt und seinerzeit somit Deutschlands jüngster Sterne-Koch.

Der Gastraum selbst ist eigentlich auch ein Kunstwerk für sich. Postindustriel in Szene gesetzt. So manches Exponat vorangegangener Ausstellungen schmückt das Lokal mit seinen insgesamt 13 Tischen. Wie beispielsweise die knallbunte Kuckucksuhr, die oberhalb der offenen Küche thront, oder das riesige Wandgemälde.

Joshua Leise ist hier der Chef am Herd. Auch wenn er mit 25 Jahren bereits ganz oben war, ruht er sich auf seinen Ehrungen nicht aus. „Das kann man sich bei über 300 mit Sternen ausgezeichneten Häusern in Deutschland auch gar nicht leisten“, sagt er nüchtern. Und: „Wir wollen vorankommen.“

Ab 2023 setzt der Spitzenkoch ein veganes Menü auf die Speisekarte ( 7 Gänge, 155 Euro). Auf Sterne-Niveau ist das noch eine absolute Rarität in Europa. In Deutschland gibt es ein einziges Restaurant, das sich auf vegane Gerichte spezialisiert hat, das „Seven Swans“ in Frankfurt. Wer dort einen Tisch buchen will, braucht allerdings viel Geduld.

„Vegan im Restaurant zu kochen, das hätte ich mir vor zwei Jahren selbst noch nicht vorstellen“, räumt Leise ein.

Auf die aktuelle Entwicklung der permanent steigenden Preise hat sich das „Mural“-Team bereits jetzt ein Gegenkonzept ausgedacht – und es in Anlehnung an eine Formulierung von Bundeskanzler Olaf Scholz benannt: das Wumms-Menü. Dieses gibt es dienstags bis donnerstags. Die vier Gänge kosten 89 Euro pro Person, außerdem gibt es sämtliche Aperos und Amuse-Bouche-Gerichte sowie die Petits Fours am Schluss. Weil das Angebot extrem knapp kalkuliert sei, ist das Angebot pro Abend auf zehn Plätze limitiert.

Egal, was für ein Menü Joshua Leise kocht, er legt immer den Fokus auf einfache, sorgfältig ausgewählte Produkte, aus denen er das Maximale herausholt. Er arbeitet mit kleinen, regionalen Produzenten zusammen und ist stets auf der Suche nach den besten saisonalen Produkten. Auch deshalb hat er seit vergangenem Jahr im Münchner Norden eine 600 Quadratmeter große Ackerfläche gepachtet. Tomaten, Kräuter und essbare Blüten baut er dort mit seinem Team an. „Im Herbst habe ich meine ersten selbst gezogenen Melonen geerntet. Das war ein überragendes Gefühl.“

Regionalität ist für ihn der Maßstab. Das hat der gebürtige Münchner bei seiner Ausbildung auf Sylt gelernt. Leise absolvierte seine Lehrzeit im Söl’ring Hof bei Johannes King auf Sylt. Seefisch und Salzwiesenkräuter bestimmten dort die Speisekarte. Das Konzept gefiel dem jungen Koch – „zurück in München, konnte ich mir gar nicht vorstellen, auf Salzwasserfische gänzlich zu verzichten und künftig nur mit Süßwasserfischen zu kochen“. Aber es sei ein spannender Weg, regional auf Sterne-Niveau zu kochen und dazu gehöre nunmal auch der Fisch.

Nach einem kurzen Zwischenstopp bei Jan Hartwig in München (drei Michelin-Sterne) über nahm Leise mit gerade mal 23 Jahren als Küchenchef das „Mural“, gemeinsam mit Johannes Maria Kneip. Seit 2021 ist er dort alleiniger Küchenchef, mittlerweile mit vier Auszubildenden. „Wir sind ein tolles Team und haben viel Spaß an der Arbeit.“ Das schmeckt man auch.

Das Mural

Hotterstraße 12 in München, Telefon (089) 23 02 31 86. Geöffnet Dienstag bis Samstag ab 19 Uhr. Wumms-Menü dienstags bis donnerstags, Silvestermenü sowie Themenmenüs zwischen den Jahren. Ab Januar ein veganes Menu. Reservierung erforderlich. https://muralrestaurant.de.

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