München – Not macht erfinderisch – das gilt auch für die Natur: Wo alte Bäume in Parks aus Sicherheitsgründen gefällt, wo große Gärten aus Wohnungsmangel zugebaut werden, sind Häuser Ersatzlebensräume und ein Versteck, um die nahrungsarme Jahreszeit zu überleben.
Im Herbst baut der Specht sich gleich mehrere kuschlige Schlafhöhlen und hackt nicht selten an Häusern die Wärmedämmung kaputt. „Das ist ein normales Verhalten an einem ungewöhnlichen Ort“, so Sylvia Weber vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz in München: „Es gibt zu wenige morsche Bäume, und ehe er einen gesunden Baum bearbeitet, hat er sich in einer Wärmedämmung schnell einen Unterschlupf gebaut.“ Spechte verbringen die kalten Nächte in trockenen Höhlen. Der Vogel ist ein Fan von Zweit- oder Drittwohnsitzen, denn jederzeit kann eine fertige Wohnung z. B. von einem Feind wie einem Marder entdeckt werden. Geplagten Hausbesitzern steht der LBV zur Seite. Wichtig sei, sofort zu reagieren, Löcher gleich zu schließen, aber dem Vogel keinen Schaden zuzufügen: www.lbv-muenchen.de/specht
Marienkäfer überwintern in Gruppen, eigentlich unter der Rinde von kranken Bäumen. Ersatzweise sammeln sie sich am Haus in den Fugen von Fenstern. Manchmal treffen sie dabei auf Baumwanzen. Werden die Fenster in einem selten genutzten Raum im Winter nicht geöffnet, bleiben die Schlafgäste unbemerkt und fliegen im Frühjahr putzmunter aus.
Hornissen- und Wespenköniginnen krabbeln ebenfalls an einen geschützten Ort wie ein Stapel Brennholz am Haus. Dann kann es passieren, dass überwinternde Königinnen mit Brennholz ins Haus gelangen und aufwachen: „Bitte nicht töten, dann gibt es im Frühjahr ein ganzes Volk weniger“, so Martin Hänsel, Geschäftsführer vom Bund Naturschutz München: „Die Hornisse mit einem Glas fangen und zurück zum Holzstapel bringen.“
Spinnen: Die Achtbeiner verlegen ihren Lebensmittelpunkt im späten Herbst nach innen, wovor sich einige Menschen grausen. Martin Hänsel hat dafür Verständnis und rät, Spinnen mit einem Becher zu fangen und raus unters Laub zu setzen. Er gibt zu bedenken: „Spinnen sind Jäger und fangen Tiere wie Silberfische, die wir auch nicht so gern mögen.“
Siebenschläfer, Marder und Mäuse sind ungeliebte Gäste, weil sie Schäden anrichten und Kot hinterlassen. Einzelne Mäuse lassen sich in einer Lebendfalle erwischen und hinausbefördern. Das Wichtigste sei herauszufinden, wie die Tiere ins Haus gelangt seien, so Hänsel. Siebenschläfer sind jetzt im Winterschlaf und dürfen nicht gestört werden. Sei ein selten genutzter Schuppen zum Unterschlupf erkoren worden, sollten Menschen überlegen, ob nicht auf Dauer eine friedliche Koexistenz möglich ist, so Hänsel. Haben sich Tiere jedoch z. B. hinter der Hausfassade eingerichtet, müssen Fachleute von den Naturschutzbehörden bzw. im Fall eines Marders der Jagdbehörde ran.
Fledermäuse suchen Dachgebälk oder unterirdische Räume. Meist klemmen sie sich so in Ritzen, dass der Untermieter unbemerkt bleibt.
Schmetterlinge sind Überlebenskünstler. Je nach Art wird als Ei (Frostspanner), Raupe (Apfelwickler), Puppe (Kohlweißling) oder ausgewachsener Schmetterling überwintert. Wer ein Tagpfauenauge oder einen Kleinen Fuchs sieht, der unter der Zimmerdecke zusammengefaltet hängt, sollte ihn vorsichtig an einen kühlen Ort bringen. „In geheizten Räumen ist es für sie zu warm und zu trocken“, so Hänsel. Zitronenfalter überleben sogar im Freien strengen Frost – möglich macht es Glycerin als Frostschutzmittel im Blut.
Grasfrösche und andere Amphibien brauchen feuchte, aber frostfreie Schlupfwinkel. Als wechselwarme Tiere sinkt ihre Körpertemperatur mit der Umgebungstemperatur. Auf der Suche fallen Frösche, Kröten und Salamander manchmal in Lichtschächte. Sylvia Weber: „Hat sich im Lichtschacht Laub gesammelt, können sie darunter den Winter überleben, kommen im Frühjahr aber nicht mehr heraus. Daher als Fluchthilfe einen Ast oder ein Brett schräg in den Schacht legen.“