Besser als ihr Ruf: Dreckspatz und blöde Kuh

von Redaktion

Haben seit der Bibel ein schlechtes Image: Die gespaltene Zunge der Schlange hilft bei der Orientierung. © Bastide/Imago

Hat seinen eigenen Kopf: Wenn er nicht will, dann rührt sich der Esel nicht vom Fleck. © Imago

Elefantenfamilie: Vom Gedächtnis der Leitkuh hängt das Schicksal aller ab. © David/Imago

Nicht blöd: Schafe erkennen ihre Herde. © Widmann/Imago

Von wegen dumm: Kühe haben Freunde. © Schwarz/Imago

Haben immer einen Plan B: Füchse sind wirklich so schlau wie ihr Ruf. Das macht ihn zum Überlebenskünstler. © Rolfes/Imago

Hausspaten baden gerne: Um ihre Federn vor lästigen Parasiten zu befreien, nutzen sie Pfützen oder auch gern mal einen Haufen Sand. Weil sie danach etwas staubig aussehen, entstand der Ausdruck Dreckpatz. © Mauritius

München – Raben gelten als Unglücksboten, waren mit ihrem schwarzen Gefieder Hexentiere und gelten als schlechte Eltern. Begriffe wie „Rabeneltern“ oder „Rabenmutter“ haben zwar einen festen Platz in der deutschen Sprache, beruhen aber darauf, dass junge Raben sehr früh das Nest verlassen. Sie sind dann sogenannte Ästlinge. In der Ästlingsphase sind die Vögelchen noch nicht voll flugfähig, halten sich aber außerhalb des Nestes auf und sitzen aufgeplustert auf dem Boden oder auf einem Ast. Sie sind keineswegs von Rabeneltern verlassen worden, diese sind ganz in der Nähe und versorgen den Nachwuchs liebevoll.

Vögel haben es sprachlich generell nicht leicht: Der „Schmutzfink“ ist keiner, er badet im Sand, um sein Gefieder von Parasiten zu reinigen. Am Ende trocknet der Sand, er lässt sich abschütteln und der vermeintliche Schmutzfink hat wieder ein schönes sauberes Gefieder. Auch der „Dreckspatz“ reinigt sein Gefieder – gerne auch im Vogelbad oder einer Pfütze. Pure Wellness also, und das Spatzenhirn ist auch eine üble Verleumdung. Spatzen sind gesellige, hoch soziale Kulturfolger und ganz schön clever.

Von der Körperpflege auf das Tier zu schließen, trifft vor allem das Schwein. Es gibt Dutzende von „schweinischen“ Beleidigungen wie „du Drecksau“: Das Schwein suhlt sich in der Erde, was eben auch gegen Parasiten und gegen Sonnenbrand auf der empfindlichen Haut hilft. Schweine können zudem nicht schwitzen, durch den Schlamm senken sie ihre Körpertemperatur. Dumm ist das Schwein erst recht nicht, seine Intelligenz wird höher eingeschätzt als die von Hunden. Britische ForscherInnen untersuchten 2007, ob die Schweine sich im Spiegel erkennen. Sie versteckten etwa Leckeres so, dass es nur im Spiegel zu sehen war. Die Schweine gingen nicht etwa zum Spiegel, sondern suchten direkt das Futter. Clever! „Schwein gehabt“ haben die meisten Schweine allerdings nicht, allein in Deutschland werden jedes Jahr rund 55 Millionen Schweine geschlachtet, die meisten leben wenig artgerecht in qualvoller Enge.

Auch die „dumme Kuh“ wird diskreditiert: Kühe stehen oder liegen auf Wiesen und käuen wieder, dabei sehen sie womöglich nicht sonderlich intelligent aus. Aber Kühe haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten, schließen tiefe Freundschaften und haben einen sehr guten Orientierungssinn. Das „dumme Schaf“ ist ein sehr pfiffiges Tier: Forscher zeigten Schafen am Bildschirm Fotos von zwei anderen Schafen – eines aus der eigenen Herde und ein fremdes Schaf. Stupsten die teilnehmenden Schafe das Bild mit dem Herdenmitglied an, gab es eine Belohnung. Nach mehreren Versuchen war klar: Schafe können mindestens 50 andere Schafe aus ihrer Herde am Gesicht unterscheiden – nicht nur von vorn, sondern auch im Profil. Und sie erkennen die Gesichter auch noch nach zwei Jahren!

Reptilien sind selten Sympathieträger, da ist ja auch die „falsche Schlange“. Im Alten Testament verführt sie Eva und löst die Verbannung der Menschen aus dem Paradies aus. Dabei hätte Eva ja nicht in den Apfel beißen müssen. In China wurden Schlangen mit gefährlichen Drachen gleichgesetzt. Ihre seltsame Art der Fortbewegung und die gespaltene Zunge galten immer als bedrohlich. Dabei erfassen Schlangen damit nur ihren Lebensraum: Sie erhalten Informationen aus der Luft; die beiden Spitzen der Zunge ermöglichen ihnen, links und rechts zu unterscheiden – und damit die Richtung, aus der Gerüche kommen. Sie schleichen sich an ihre Opfer an, töten durch Gift oder Erwürgen – „falsch“ ist daran rein gar nichts.

Der „eitle Pfau“ ist auch nicht eitel: Klar, er schlägt ein Rad mit seinen Schwanzfedern, stolziert durch Parks und will damit einem Weibchen imponieren, bleibt ihm ja gar nichts anderes übrig, wenn er einen Konkurrenten ausstechen will. Und der „Angsthase“ lebt nur eine Notwendigkeit aus. Hasen und auch Kaninchen sind Beutetiere für viele, sie müssen permanent wachsam vor ihren Feinden sein, die von überall kommen können, als Greifvögel auch von oben. Der Hase sitzt ganz still und duckt sich weg. Klappt das nicht, flüchtet er hakenschlagend. Kaninchen müssen sich im Falle eines Angriffs blitzschnell in einer Höhle in Sicherheit bringen – ein Hasenfuß zu sein, kann Leben retten!

Stimmt denn gar nichts von den vielen Vorurteilen? Höchstens die „Hupfdohle“: Dohlen haben im Gegensatz zu den anderen Rabenvögeln helle Augen, Dohlen erkennt man an ihren typischen hellen Rufen, sie können sehr gut Stimmen imitieren, auch Handytöne! Und Dohlen können durchaus elegant schreiten. Sie hüpfen aber auch, z. B, wenn sie einen Grashüpfer verfolgen. Daher der Ausdruck „Hupfdohle“, wie früher spöttisch Balletttänzerinnen genannt wurden.

Wissen statt Vorurteile

Für Kinder gemacht- für jeden lesenswert und liebenswert:
Sophie Corrigan: Keine bösen Tiere, Ravensburger Verlag, 2022
Véro Mischitz: Fiese Viecher, Warum Ratte, Wespe & Co. viel cooler sind, als du denkst!, Kosmos 2021

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