Kaputtes Knie: Der Weg zurück auf die Piste

von Redaktion

Plante seine Reha minutiös: Ski-Fan Florian Baum investierte viel Trainingszeit in sein Comeback.

Wieder zurück auf der Piste: Florian Braun vergangene Woche in Beever Creak/Colorado. © Foto: Team Uvex

Wieder fit nach einem Kreuzbandriss: Dr. Manuel Köhne (45; links), Chefarzt der Ski-Nationalmannschaft, erklärt seinem Patienten Florian Baum (37; rechts) die MRT-Bilder seines Kniegelenks. © Yannick Thedens

München – Florian Baum (37) hat sein Hobby zum Beruf gemacht, als Athletenbetreuer der Firma Uvex im Ski-Weltcup nutzt der sportliche Schwabe jede Gelegenheit, um selbst Schwünge in den Schnee zu ziehen. So auch vor fast genau einem Jahr, als er am Rande der Weltcup-Rennen in Gröden die berühmte Saslong-Abfahrt unter die Bretter nahm. „Es hatte frisch geschneit, ich habe eine Bodenwelle übersehen. Dadurch bin ich auf die Außenkante gekommen, und mein Knie ist weggeklappt. Ich wusste sofort, dass etwas kaputt gegangen ist.“ Noch in Südtirol ließ sich Baum untersuchen: Verdacht auf Kreuzbandriss.

Häufig ist nicht nur das Kreuzband lädiert

Ein paar Tage später erhärtete sich die Diagnose bei einer Magnetresonanztomografie (MRT) in der Münchner OCM-Klinik. Wie sich herauskristallisierte, waren zudem der Innenmeniskus und das Innenband lädiert. „Das ist typisch für solche Ski-Unfälle. Bei den meisten Kreuzbandrissen nehmen weitere Strukturen im Knie Schaden. Für eine exakte Diagnose reicht ein Röntgenbild alleine oft nicht aus. Deshalb sollte man diese Verletzungen sicherheitshalber im MRT abklären lassen“, rät Dr. Manuel Köhne. „Wenn der Knorpel oder die Knochen nicht beschädigt sind wie etwa bei einem Schienbeinkopfbruch und auch kein Meniskusgewebe eingeklemmt ist, besteht allerdings kein Zeitdruck. Dann kann man eine OP und die Reha vorher in Ruhe planen.“

So begann auch für Köhnes Patient der Weg zum Comeback. Zunächst vereinbarte Baum einen OP-Termin fürs Frühjahr und nutzte die nächsten Monate, um sich intensiv auf den Eingriff vorzubereiten. „Als das Knie nach einigen Tagen abgeschwollen war, habe ich mit Lymphdrainage und leichten Übungen für die Beweglichkeit begonnen.“ Zunächst mussten dann Innenband und der Meniskus etwa sechs bis acht Wochen heilen, Baum trug eine Knieschiene (Orthese). Danach konnte er die Belastung steigern. „Ich bin fast jeden Morgen 25 Minuten auf dem Ergometer gesessen, um das Knie durchzubewegen, habe Training für den Muskelaufbau gemacht.“ Das nennt man Prärehabilitation. „Sie ist sehr wichtig. Je besser vorbereitet der Patient in die OP geht, desto leichter und schneller kommen sie hinterher wieder auf die Beine“, sagt Köhne, der bereits tausende Knie-Operationen durchgeführt hat.

Bei Florian Baum ersetzte der OCM-Spezialist, der neben zahlreichen Hobbysportlern als leitender Mannschaftsarzt die deutsche alpine Ski-Nationalmannschaft betreut, das gerissene vordere Kreuzband durch ein „Ersatzband“ aus einem Stück Quadrizepssehne am vorderen Oberschenkel. Er kam im April unters Messer – gut drei Monate nach seinem Ski-Unfall. „Bei den meisten Kreuzbandrissen ist es sinnvoll, mit der OP zunächst abzuwarten. Der ideale Zeitpunkt ist dann gekommen, wenn das Gelenk reizfrei und der leichte Muskelabbau durch die Schonung nach der Verletzung wieder ausgeglichen ist“, erläutert Köhne. In der Zwischenzeit müssen sich die Patienten normalerweise nicht mit Beschwerden quälen. „Die Schwellung ist in der Regel nach wenigen Tagen abgeklungen, und 95 Prozent der Patienten sind nach etwa einer Woche schmerzfrei.“ Länger als ein halbes Jahr sollte man sich bis zu dem Eingriff allerdings auch nicht Zeit lassen, rät der Kniespezialist. Sonst steige gerade beim Sporteln ohne intaktes Kreuzband die Gefahr von Folgeschäden wie Knorpel- oder Meniskusverletzungen.

Motorschiene half in den ersten Wochen

Der ambitionierte Hobby-Skifahrer Baum war also voll im Zeitplan und nutzte den Sommer für eine konsequente Reha. In den ersten sechs Wochen übte er mithilfe einer Motorschiene, sein Bein wieder intensiv zu strecken und zu beugen, parallel dazu bekam er Lymphdrainagen und startete mit der Physiotherapie. Es folgten Übungen an Geräten wie der Beinpresse und gezieltes Training zum Muskelaufbau. Mit Erfolg: Vor Kurzem absolvierte er einen Back-to-sports-test – und die Physiotherapeuten gaben grünes Licht für die Rückkehr auf die Skipiste.

Damit gelang dem 37-Jährigen ein Comeback im Express-Tempo. „Wie schnell man nach einem Kreuzbandriss wieder uneingeschränkt sporteln kann, ist aber extrem unterschiedlich. Die Reha-Spanne reicht meist von sieben bis zwölf Monaten“, berichtet Köhne (siehe Infobox). „Der Heilungsverlauf und das Tempo lassen sich durchaus beeinflussen. Die Basis des Erfolgs schaffen Arzt und Patient gemeinsam – zu jeweils 50 Prozent.“

Im Fall von Florian Baum ging die Rechnung voll auf. „Es fühlt sich klasse an, wieder auf den Skiern zu stehen – auch wenn ich noch ein bisschen mit angezogener Handbremse fahre.“ Das geht vielen so, bestätigt sein Arzt: „Nach einer schweren Knieverletzung hat fast jeder eine Reha-Saison – auch vom Kopf her. Deshalb ist es wichtig, erst mal wieder dosiert und vorsichtig zu fahren und möglichst nicht mit den aggressivsten Skiern auf die Piste zu gehen“, so Köhne – für seinen Patienten kein Problem: „Beim Skifahren geht‘s schließlich um Genuss und Spaß.“

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