Flaggschiff der städtischen Krankenhausgesellschaft: die München Klinik in Bogenhausen.
Stolze Geschäftsführung: Dr. Götz Brodermann (l.), Petra Geistberger und Dr. Tim Guderjahn im neuen OP.
Schicke Zimmer für Privatpatienten: die neue Komfortstation im obersten Stockwerk.
„Fünfter Finger“: der Erweiterungsbau der München Klinik Bogenhausen. Klinikmitarbeiter haben sich für ein Gruppenfoto versammelt. © Fotos (4): Yannick Thedens
München – Es ist eine Art Operation Zukunft am lebenden Objekt. Eine Milliarde Euro investiert die München Klinik in die Erneuerung ihrer Standorte in Bogenhausen, Schwabing, Harlaching, Neuperlach und an der Thalkirchner Straße. Geld, das der Freistaat Bayern und die Stadt für die Behandlung von rund 110 000 Patienten im Jahr lockermachen. Stolz spricht der Finanzchef der städtischen Krankenhausgesellschaft, Dr. Tim Guderjahn von „einer der größten Bauprojekte im deutschen Gesundheitswesen“ mit einem stattlichen Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro – eine Zahl, die der eloquente Manager bei so ziemlich jeder Baustellenbesichtigung bzw. Einweihung gebetsmühlenartig wiederholt. Dieses Mal stand er dazu im Erweiterungsbau des Bogenhausener Krankenhauses, der am 13. Mai eingeweiht werden soll. 170 Millionen Euro kostete der „fünfte Finger“ – einen Namen, den die Planer und Marketingspezialisten von der nun handähnlichen Architektur des Klinikkomplexes abgeleitet haben dürften.
Klinik-Flaggschiff mit rund 1000 Betten
Das Großkrankenhaus – nur einen längeren Steinwurf vom überdimensionalen Eierbecher am Effnerplatz entfernt – ist das Flaggschiff der München Klinik, es beherbergt rund tausend Betten und eine ganze Reihe von Top-Medizinern, deren Ruf weit über den Münchner Osten hinausstrahlt: Prof. Ellen Hoffmann zum Beispiel, die einst als erste Frau den Kardiologen-Kongress in Mannheim leitete. Sie kann mit ihrem Team in Hightech-Herzkatheterlaboren arbeiten, nach denen sich mancher namhafte Kollege in Europa die Finger lecken würde. Dieser Bereich wurde im alten Gebäudeteil modernisiert und erst kürzlich eingeweiht. Privat versicherte Herzpatienten kann sie nun in Komfortstationen im sechsten Stock des Erweiterungsbaus unterbringen – Alpenpanorama in Farbe an den Wänden und live auf der Terrasse (zumindest bei Föhn) inklusive. Die schicken Bäder würden wohl den Ansprüchen verwöhnter Hotelgäste genügen – kein Vergleich zu den allenfalls zweckmäßigen Zimmern, in denen Kassenpatienten im älteren Gebäudeteil liegen.
Auch Chirurgen wie der Gelenkersatz-Spezialist Dr. Ludwig Seebauer freuen sich über den Erweiterungsbau – vor allem über das neue OP-Zentrum. 17 Säle stehen darin zur Verfügung, Roboter werden ebenso zum Einsatz kommen wie Bildgebungsverfahren auf dem neuesten Stand der Technik, unter anderem Computertomografie- und Angiografieanlagen. „Die neuen digitalen Techniken sind hier näher am Patienten“, sagt Seebauer, der als Sprecher für das OP-Zentrum fungiert. 4500 Eingriffe sollen pro Jahr darin stattfinden – auch in bis zu drei Hybrid-Operationssälen. Diese bieten unter anderem genug Platz für besonders große Behandlungsteams, die beispielsweise beim Einsetzen von künstlichen Herzklappen mit Kathetertechnik schnell mal eine zweistellige Kopfzahl erreichen können, wie München-Klinik-Chef Dr. Götz Brodermann erläutert. Ein Highlight für die Mitarbeiter: Im gesamten OP-Bereich gibt es Tageslicht.
Damit die Patienten nicht nur während der Eingriffe, sondern auch davor und danach optimal betreut werden können, haben die Krankenhausplaner top-moderne Intensiv- und Überwachungsstationen eingerichtet. Der erfahrene Chef von Narkose- und Intensivmedizin, Professor Patrick Friederich, spricht von besten Rahmenbedingungen „für eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit“. Mit Spendengeldern von zusätzlich 300 000 Euro konnte sogar ein spezielles Lichtsystem eingebaut werden, das Verwirrtheitszuständen nach Operationen (Fachbegriff Delir) vorbeugen soll. Davon ist immerhin jeder dritte Patient über 60 betroffen.
Darüber hinaus bietet der sechsgeschossige Anbau Platz für Spezialabteilungen. Dazu gehört eine Station für Patienten mit schwersten Brandverletzungen. In den Einzelzimmern gibt es spezielle Luftfiltersysteme, die die Infektionsgefahr verringern. Auch Krebspatienten können jetzt noch effektiver behandelt werden. so steht beispielsweise modernste Technik zur Verfügung, um Stammzelltransplantationen bei Leukämiepatienten vorzunehmen. Im Keller sitzt die neue Logistikzentrale für den OP-Bereich. Hier arbeiten rund allein 70 Beschäftigte daran, die Instrumente aufzubereiten.
Mit dem Erweiterungsbau ist die Sanierung des Standorts Bogenhausen noch nicht abgeschlossen. Demnächst sollen die Radiologie und die Pflegestationen modernisiert werden. Das ist nach Einschätzung vieler Patienten und Mitarbeiter auch bitter nötig. Insgesamt sollen fast 400 Millionen Euro allein in das Flaggschiff der München Klinik im Münchner Osten fließen. Spätestens Ende des Jahres dürften Guderjahn und Brodermann wieder bei einem Baustellentermin über Zahlen reden. Dann steht die Vorstellung des Klinikersatzbaus in Harlaching an.