Waldkraiburg – „Wenn man seinen Rollator nicht mehr selber reinheben kann, dann muss man halt daheim bleiben.“ Solche und ähnliche Kommentare musste Maria Pühler (77) sich schon anhören, als sie mit dem Stadtbus fahren wollte – von einem Busfahrer.
Pühler leidet an MS und anderen Erkrankungen. Ohne Gehhilfe, Rollator oder Rollstuhl kann sie sich nicht mehr bewegen. Beim Einstieg in den Bus braucht sie Hilfe. Ihre Erfahrung: „Wenn ich um Hilfe bitte, kann eine blöde Bemerkung kommen – oder nicht.“ Je nachdem, wer gerade fährt und dessen Laune. Pühler: „Die sind eigentlich immer unverschämt.“ Bis auf einen Fahrer.
Beschwerden über
Unfreundlichkeiten
Sie hat auch schon erlebt, dass ein Fahrer eine Mutter mit einem Kinderwagen im Sinne buchstäblich im Regen stehen ließ. Er habe für den Kinderwagen keinen Platz mehr, sie solle auf den nächsten Bus warten, der komme in einer Stunde.
Aber auch darauf sei kein Verlass, so Pühler. Immer wieder habe sie vergeblich auf den Bus gewartet, obwohl er laut Fahrplan kommen sollte: „Die machen, was sie wollen.“
Heftige Kritik, die sie vor Kurzem auch gegenüber Bürgermeister Robert Pötzsch und Stephanie Pollmann, der Behindertenbeauftragten der Stadt, äußerte. Dort stieß sie auf offene Ohren. Auch Pollmann hat schon erlebt, dass der Bus einfach nicht kam oder nicht hielt. „Ich finde es eine Unverschämtheit, grad wenn Leute mit Rollator dastehen, und die Busfahrer fahren vorbei“, sagt Pollmann, die dann auch schon mal mit ihrem Auto ausgeholfen habe.
Nejla Nayki, im Rathaus im Bereich Straßenverkehr tätig, bestätigt, dass es in der Vergangenheit „vereinzelte Beschwerden über unfreundliche oder beleidigende Busfahrer“ gab, konkrete Vorfälle würden „umgehend aufgegriffen“. In der Regel seien die Busfahrer „äußerst freundlich und hilfsbereit“ und in den vergangenen Monaten sei nichts Vergleichbares gemeldet worden.
Nayki versichert: „Bürgermeister Pötzsch bedauert natürlich jeden Vorfall, bei dem sich Fahrgäste des Stadtbusses unangemessen behandelt fühlen.“ Er nehme die Kritik sehr ernst und stehe in engem Kontakt mit der Betreiberfirma Hinmüller, „um sicherzustellen, dass ein freundlicher und zuverlässiger Betrieb gewährleistet ist“, da der „für die Bevölkerung von großer Bedeutung ist“.
Seit 1. August 2017 betreibt die Firma Hinmüller den Waldkraiburger Stadtbus eigenwirtschaftlich. Der Stadt entstehen als Aufgabenträger keine Kosten. Nayki: „Die Kosten für den Stadtbusverkehr werden vollständig von der Firma Hinmüller getragen.“ Zu den Leistungen gehören „insbesondere die zuverlässige und regelmäßige Durchführung des Linienverkehrs nach Fahrplan sowie die Bereitstellung von Fahrzeugen und Personal“.
Das Unternehmen weist die Vorwürfe kategorisch zurück: „Wenn jemand ein Problem hat, soll er sich bei uns melden“, so eine Frau Hinmüller am Telefon, die ihren Vornamen nicht nennen wollte. „Es hat sich keiner gemeldet. Somit können wir auch nichts machen.“
Doch so einfach ist das nicht, musste Maria Pühler feststellen. Sie wollte sich bei der angegebenen Nummer telefonisch beschweren: „Da kommt man nicht durch.“ Das hätten andere auch schon gesagt. Das erfuhr auch der Autor dieses Textes, als er bei Hinmüller nachfragen wollte: Anrufe wurden nicht entgegengenommen, Rückruf-Bitten auf dem Anrufbeantworter blieben ebenso wenig unbeantwortet wie Anfragen per E-Mail. Erst nach Wochen war ein Anruf erfolgreich.
Maria Pühler hat ihre Konsequenz gezogen: „Ich fahre nicht mehr mit dem Stadtbus.“ Sie fährt nur noch mit ihrem Elektro-Rollstuhl zum Friedhof oder zu ihrer Enkelin in Waldkraiburg Süd. Abgesehen vom Stadtbus berichtet sie aber von sehr viel Hilfsbereitschaft: „Das ist ein richtiger Umgang, das gehört sich so. Es weiß doch keiner, wie es einem im Alter selber geht.“
Unternehmen weist
die Vorwürfe zurück
Stephanie Pollmann nimmt, seitdem Bürgermeister Pötzsch und sie das Thema aufgegriffen haben, eine gewisse Verbesserung wahr. Auch war bereits immer wieder zu sehen, wie Fahrer Kunden mit dem Rollator geholfen haben. Pollmann versichert: „Wir beobachten das weiter und werden immer wieder anrufen.“
Die Konzession für den Stadtbus läuft noch bis zum August 2026. Derzeit gebe es, so Nayki, „keine konkreten Überlegungen für eine alternative Lösung, da der Betrieb durch die Firma Hinmüller zuverlässig und reibungslos und insbesondere eigenwirtschaftlich verläuft“.
Abschließend hält Nayki fest, dass vereinzelt Abweichungen von den Fahrplänen wegen Baustellen, Umleitungen oder Veranstaltungen nie zu vermeiden sind: „Sollte der Bus trotz des Fahrplans nicht erscheinen, wird dies zuvor an den Bushaltestellen und in den Medien bekannt gegeben.“