In der Stern-Apotheke in Berg am Laim steht das Telefon nicht mehr still. „Die Leute rufen schon seit Freitag an und fragen nach dem digitalen Impfpass“, sagte Apotheker Dr. Michael Wilhelm gestern. Zeit, sich in das neue Computersystem einzufinden, hat er kaum. Er fühlt sich alleingelassen, spricht von einem Schnellschuss. „Ein digitaler Impfpass ist jahrelang im Gespräch, aber umgesetzt wurde er übers Wochenende“, klagt er. Seine Kunden freuen sich hingegen über den schnellen Start in Berg am Laim. „Endlich muss man das kleine Heftlein nicht mehr mitschleppen“, sagt etwa Monika Müller-Hense.
In der Apotheke Schwabing Nord kämpfte man gestern Vormittag noch mit der Technik. Seit dem frühen Morgen versuchte Apotheker Markus Hort auf die Plattform zu kommen, wo er die Daten seiner Kunden eingeben kann, um einen QR-Code zu generieren – ein Nachweis, der dann auf dem Handy hinterlegt werden kann. Vergeblich. Später klappte es dann. Am Mittag hatte Hart „schon mehr als 50 Anfragen“. In der Kloster-Apotheke in Haidhausen wurden hingegen schon fleißig QR-Codes erzeugt. Sonja Hölzer hofft, den Ansturm bewältigen zu können.
Mehr als 21 Millionen Menschen sind in Deutschland bereits vollständig geimpft, haben also die Möglichkeit, sich einen digitalen Impfausweis ausstellen zu lassen. Und das wollen viele: Die Seite www. mein-apothekenmanager.de, auf der man sich die teilnehmenden Apotheken in seiner Umgebung anzeigen lassen kann, war gestern zeitweise wegen Überlastung nicht erreichbar. Der Apothekerverband empfiehlt den Bürgern, „noch etwas abzuwarten“, um den Ansturm abzumildern. „Wir hatten einen sehr kurzen Vorlauf“, so Sprecher Thomas Metz. Seine Bilanz ist trotzdem positiv: „Wir haben bundesweit heute um 14 Uhr die ersten 400 000 Zertifikate generiert“, sagte er gestern. Nach Schätzungen bieten rund zwei Drittel der Apotheken in Bayern den Service an – Tendenz steigend.
Für Bürger ist der Vorgang kostenlos, die Apotheker können 18 Euro pro QR-Code abrechnen – entweder mit Krankenkassen oder Behörden. Aus Sicht des Verbandes ist das „angesichts des hohen bürokratischen, fachlichen und personellen Aufwands“ verhältnismäßig.
Kritik kommt indes vom Hausärzteverband. „Wir Hausärztinnen und Hausärzte sind nicht das Passamt der Nation. Wir warnen deshalb die Politik entschieden davor, bei den Patientinnen und Patienten falsche Erwartungen zu wecken“, sagt der Landesvorsitzende Dr. Markus Beier. „Die Arztpraxen sollen bis Mitte Juli QR-Codes erzeugen können“, teilt das Gesundheitsministerium mit. Wer im Impfzentrum geimpft wurde und Zeit hat, wird sein Zertifikat dort bald anfordern können. Das Verfahren soll bis spätestens Mitte Juli abgeschlossen sein.